Jojo
05.09.2005, 13:24

Re: Von wegen geizige Kunden - am Discount ist Lego selber schuld


Re: [B]Re: Von wegen geizige Kunden - am Discount ist Lego selber schuld[/link] von Jens am 05. September 2005 07:51:05:


Hallo!


Ein wenig Senf möchte ich auch dazu geben.

Das war sehr guter Senf. Er entsprach genau meinem Geschmack.


Hätte ich damals, ca. ab 1990 schon Kinder gehabt, hätte ich wohl einen großen Bogen um Lego gemacht, denn dieses Spielzeug, dass nur zum "Schneller, höher, weiter" und nicht mehr zum phantasievollen Bauen und Spielen animieren konnte, würde ich meinen Kindern nicht zugemutet haben wollen.

Als ich neulich mal meine Setliste durchschaute, fiel mir in der Tat ein Qualitätsverlust auf, der sich - in einigen Themen früher, in anderen später - ab etwa 1990 abzeichnete. Im Grunde ging es damit los, daß nicht mehr "Legoland" auf dem Minifig-Thema stand, sondern "System". Das war 1991/92. Damals habe ich einen Brief an LEGO geschrieben, des Inhalts, daß ich dieses alberne "System" doch sehr technisch und kindungerecht fände, im Gegensatz zum gemütlichen "Legoland", welches hielt, was es versprach. Ich habe den Brief aber nicht abgeschickt, weil ich Pessimist mir dachte, daß es die da bei LEGO eh nicht interessiert, was ein 13jähriges Kind zu sagen hat.

Tja, und im Jahr 2000, als das "System" verschwand, hätte ich es dann lieber gesehen, wenn es bei LEGO noch so etwas wie ein System gegeben hätte.


Ich denke auch, daß LEGO vor Jahren schon seine Kundschaft falsch eingeschätzt hat. Sie dachten: Kinder wollen Rollenspiele, Kinder wollen Äktschn, Kinder wollen sich im Wettstreit mit AltersgenossInnen (harhar, das Binnen-I ist natürlich ein Scherz.) messen. Nun, vielleicht wollen Kinder das alles. Aber das alles konnten und können Kinder auch mit anderen Spielzeugen haben. Fürs reine Rollenspielen gibt es Playmobil und Puppenhäuser. Für Action gibt es Computerspiele (seufz), Sport (draußen!), Carrera-Bahnen, irgendwelche Action-Figures und sonstigen Quatsch. Und dieses taugt auch zum Wettstreit mit ihren Freunden.

Aber LEGO hat zu dem Rollenspiel/Wettstreit/Action eine weitere Alternative geboten, nämlich die Möglichkeit, sich eine eigene kleine Welt zu bauen. Und diese Alternative hat LEGO zum Spielzeug des Jahrhunderts gemacht. Seit LEGO versucht, mehr und mehr die vorgenannten Spiel-Aspekte zu bedienen, leidet darunter vor allem der Aspekt "bauen". Daß die Spielsituationen, die dem Kind Rollenspiel, Action und Wettstreit bieten sollen, überhaupt noch irgendwie zusammengebaut werden, geschieht ja bloß noch, weil das halt das Markenzeichen der Firma ist, und nicht mehr, weil diese Firma hinter der Grundidee "bauen!" stünde. Und das hat leider eine arg negative Wirkung.

Denn wenn früher ein Modell als Modell nicht so gut war, dann war das im Grunde egal, weil man etwas anderes daraus bauen konnte. Wenn heute ein Modell nicht so gut ist, dann sieht es aber erstens nicht gut aus, und zweitens kann man nichts anderes daraus bauen, also ist der Wert des Modells für den, der es kaufen soll, nicht mehr ersichtlich.
Das war natürlich jetzt überspitzt gesagt. Selbstverständlich kann man auch heute noch die Teile für eigene Bauten verwenden, aber es sind weniger Teile, und sie sind größer, also weniger vielseitig.

Das Jack-Stone-Piratenschiff, mein Lieblingsbeispiel, ist ganz eindeutig nicht darauf ausgelegt, daß man damit bauen soll. Man steckt die Rumpfteile zusammen, klatscht vorne das Bugsprietteil und hinten das Kajütenteil dran, steckt den Mast rein, und das war's. Und im Ergebnis sieht dieses Dingen viel (viel!) schlechter aus als jedes Piratenschiff von Playmobil. Schlimmer noch: Dadurch erst, daß krampfhaft versucht wird, irgendwie doch noch das Element "LEGO" in dieses Jack-Stone-Schiff einzubeziehen und einige Teile zusammenstecken zu lassen, leidet das Aussehen des Modells. Daß es zusammengebaut wird, fügt seinem Spielwert absolut nichts hinzu, zieht aber seinem Äußeren einiges ab. Und da nun bei diesem Jack-Stone-Schiff der zusätzliche Spielfaktor "bauen!" fehlt, gibt es eigentlich keinen Grund, dieses häßliche Ding dem schönen Playmo-Schiff vorzuziehen.

Mit einem Wort: Das, was LEGO zu dem macht, was es ist (bauen!), schlägt dem, was es gerne sein will (Action! Wettkampf!) mächtig in die Fresse. Fragt sich, wann der BWL-Student, der das Ruder der Firma übernimmt, auf diesen Trichter kommt, und von Quartalsbillanz wegen den totalen Baustopp verordnet.


Tschüß
Jojo



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