Liebe Eisenbahn- und Legofreunde,
nach ziemlich genau einem Jahr habe ich endlich wieder ein Lokomotivmodell fertiggestellt!
Diesmal handelt es sich um eine schmalspurige (1067 mm) Kitson-Meyer-Gelenklok der chilenischen "Ferrocarril de Taltal" (FCT; Schreibweise auf den Lokschildern als "Ferro Carril Taltal"). Zehn dieser Lokomotiven wurden zwischen 1904 und 1907 von Kitson Co., Leeds, an die Eisenbahngesellschaft geliefert, um in erster Linie Güterzüge mit Nitrat über die Küstenkordillere und durch die Atacama-Wüste zum Hafen in Taltal zu befördern. Acht weitere baugleiche Maschinen wurden später gebraucht von der benachbarten "Ferrocarril Tocopilla al Toco" gekauft.
Während der insgesamt über 70 Jahre dauernden Einsatzgeschichte wurden verschiedene Bauartänderungen durchgeführt. So wurden alle Lokomotiven schon bald nach Lieferung auf Ölfeuerung umgerüstet. Am auffälligsten war allerdings die (nur bei einigen Loks ausgeführte) Vergrößerung der Vorräte durch aufgeschweißte Erhöhungen der Wasserkästen und des Brennstoffbehälters. Mein Modell zeigt diesen Bauzustand.
Trotz monatelanger Suche ist es mir nicht gelungen, detaillierte Maßzeichnungen der Vorbildloks aufzutreiben. Beim Entwurf des Modells konnte ich mich nur auf die weiter unten wiedergegebene, sehr grobe (und verzerrende) Maßskizze der baugleichen Loks der "Ferrocarril Tocopilla al Toco", die Tabellen im Buch "Kitson Meyer Articulated Locomotives" sowie die teils qualitativ sehr schlechten s/w-Fotos in "The Taltal Railway" (beide von D. Binns) stützen. Die erhaltene FCT-Lok Nr. 59 ist zwar (auch im Netz) fotografisch recht gut dokumentiert, war aber bereits in ihren letzten Einsatzjahren in so desolatem Zustand, dass wenig Rückschlüsse auf das Erscheinungsbild in besseren Tagen möglich sind; manche Details musste ich deshalb ziemlich frei bzw. in Analogie zu besser dokumentierten Baureihen gestalten. Nichtsdestotrotz hoffe und glaube ich, dass der Gesamteindruck stimmig ist.
Das Modell ist im Maßstab 1:22,5 gehalten. Es besteht aus ziemlich genau 3000 Teilen und wiegt rund 2,4 kg.
Der Antrieb erfolgt durch je einen PF-L-Motor in jedem Drehgestell, der vertikal eingebaut auf die dritte Drehgestellachse wirkt; die beiden anderen Achsen werden wie beim Vorbild durch die Kuppelstangen mitgenommen. Zur Stromversorgung und Fernsteuerung sind zwei BuWizz verbaut (technisch wäre einer ausreichend, aber mit zweien ist halt eine doppelt so lange Betriebsdauer bis zum Wiederaufladen möglich).
Genug geschrieben – hier sind die Bilder:
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Hi Sven,
Tenderlok hat geschrieben:
In Internetforen wimmelt es nur so von fehlerhaften Zitaten.
Johann Wolfgang von Goethe
Danke!
Moin Klaus,
herzlichen Dank für deine lobenden Worte!
Seeteddy hat geschrieben:
Einfach nur beeindruckend und inspirierend!
Respekt dafür Dir ein Jahr Zeit zu nehmen. Vermutlich hast Du buchstäblich jeden Stein zweimal umgedreht, bis alles am richtigen Platz saß.
Ganz großes Kino!
Viele Grüße,
Stefan
Vielen Dank, Stefan! Schön, dass dir das Modell so gut gefällt.
Natürlich habe ich nicht ein Jahr lang tatsächlich an der Lok gebaut.
Bei einem Modell dieser Größenordnung (die kleineren Spur-1-Loks in 1:33 gehen schneller) gliedert sich das Ganze üblicherweise in folgende Phasen, die teilweise auch überlappen:
- 2-3 Monate vertiefte Vorbildrecherche (erste Quellensichtungen für die Kitson-Meyer habe ich allerdings schon 2016/17 angestellt)
- 2-3 Monate Ausarbeitung der Konstruktion mit LDD, Stud.io und Tinkercad (für die Gestängeteile)
- 1 Monat Teilebeschaffung
- 5-6 Monate tatsächliche Bauphase (mit Unterbrechungen; es gibt ja auch noch ein Leben außerhalb der Lego-Welt, und das Geld dafür muss auch irgendwann verdient werden… )
- 1-3 Wochen, je nachdem, was sonst noch so anliegt, fürs Fotografieren, Bearbeiten der Fotos, Schreiben der Präsentationstexte.
Außerdem wird so ein großes Projekt öfter mal für ein paar Wochen unterbrochen, wenn was vermeintlich Kleines, schnell zu Erledigendes dazwischen kommt, diesmal war das der Chevy.
Viele Grüße
Sven
Hallo Sven,
aber Du hast viel Arbeit in Recherche und Bau gesteckt und das merkt man einfach.
Ich werde meine Begeisterung nicht abschwächen
Interessant ist auch das Fahrtvideo mit den angehängten Waggons in Spritzgusstechnik. Die Lego-Lokomotive sticht nur durch ihre satten Farben und den Glanz etwas heraus. Aber die Form integriert sich super zu den Scale Modellen.
Du hast eben auch die vorhandenen Lego Teile optimal genutzt um fliessende Formen zu schaffen. Allein daher ist die Arbeit inspirierend.
Das ist Dir auch bei Deinen anderen beiden hier präsentierten Dampflokomotiven gelungen. Bin schon gespannt was als nächstes kommt - darf auch gerne ein Jahr dauern...
Viele Grüße,
Stefan
Hallo Stefan,
nochmals danke für deine Worte!
Da die Gartenbahn-Hersteller sich meistens einige Freiheiten bei der maßstäblichen Gestaltung ihrer Produkte herausnehmen, die Lok aber exakt in 1:22.5 gehalten ist (soweit das Lego-Raster es zulässt natürlich), ist die Lok tatsächlich ein ausgeprägteres Scale-Model als der Rest des Zuges…
Im Vergleich zu den beiden letzten Modellen kann ich nicht verhehlen, dass ich auf die Kitson-Meyer besonders stolz bin. Bei ihr ist es mir in vollem Umfang gelungen, Scale-Optik und weitreichende Detaillierung mit 100%iger Dauerbetriebstauglichkeit und Robustheit im Fahrbetrieb zu verbinden (wenn ich mal ein bisschen Eigenlob betreiben darf). Die beiden anderen Maschinen sind im Fahrwerks- und Antriebsbereich etwas kapriziös und verlangen viel Wartungsaufwand; das besser hinzubekommen war erklärtes Entwicklungsziel bei der Kitson.
Was man nicht meinen sollte: Das Gelenkfahrwerk macht die Sache nicht komplizierter, sondern hilft dabei. Durch die Aufteilung des Antriebsmoments auf 2 Drehgestelle ist jeder einzelne Antriebsstrang geringer belastet, was die Standfestigkeit verbessert. Und der Übergang vom 4w-Rahmen bei den Vormodellen zu solchen mit 5 Noppen Breite erlaubt es, die Komponenten innerhalb der Drehgestellrahmen besser zu versteifen.
Einziges Manko: Die Drehgestelle sind so schwer, dass sie beim Hochheben von den Drehtellern abreißen würden. Sobald sie einmal eingeachst wurde, darf die Lok deshalb das Gleis nicht mehr verlassen, sie muss also von der Anlage direkt auf das Vitrinen-Präsentationsbrett fahren und umgekehrt. Die etwas umständliche Prozedur, die hierfür erforderlich ist, nehme ich in Kauf, weil eine stabilere Drehgestellbefestigung erstens unschön aussehen würde und zweitens im Inneren so voluminös wäre, dass Führerstands- und Rauchkammereinrichtung nicht so detailliert ausgeführt werden könnten.
Das nächste Bahnprojekt wird mal wieder eine Normalspur-Dampflok in 1:32, soviel kann ich verraten: Eine schwedische 1’C1’-Tenderlok Reihe S6, um genau zu sein, Fertigstellung vermutlich irgendwann im 1. Halbjahr 2020.
Und danach ist dann wohl erst mal Schluss mit Large-Scale-Eisenbahnmodellen. Es sei denn, jemand sponsert mir einen Anbau…
Puh, jetzt ist der Gaul wohl wieder mit mir durchgegangen. Manchmal kann ich verbal das Wasser einfach nicht halten…
Beste Grüße
Sven
Hallo Sven,
kein Problem, vielen Dank für die umfassenden Infos!
Modelleisenbahnen beinhalten immer Kompromisse.
Ich hatte in der Vergangenheit beruflich mit Modelleisenbahnen verschiedener Maßstäbe zu tun und kenne daher die Problematik.
Dein Kompromiss zu Optik und Laufeigenschaften ist wahrlich gut, dass Zeigt das Video.
Dein neues Projekt S6 erinnert mich an die Märklin 37134 Litt S939. Stammt die S6 aus dieser Baureihe? Die Achsfolge würde schon mal passen.
Klingt in jedem Fall spannend, da wünsche ich frohes Schaffen und viel Erfolg!
Viele Grüße,
Stefan
Seaside hat geschrieben:
Hallo Sven,
vielen Dank für den Bilderzugang!
Das die S6 auch herausragend wird steht außer Zweifel. Da genügt ein erster Blick auf die Stangenpuffer um zu sehen wohin die Reise geht.
Die Vorbildtreue von Modelleisenbahnfirmen ist ein eigenes Thema und dürfte den Rahmen hier sprengen.
Aber toll, daß Du Dir die Mühe machst dem entgegenzuarbeiten.
Ich werde das Link ab und an besuchen und bin gespannt auf die Evolution!
Viele Grüße und viel Spaß beim Bau,
Stefan