MariusL
18.02.2015, 20:25

+33Premiere: Kabelkran

Warnung: Nachfolgender Beitrag enthält Fremdteile!

Es ist soweit, mein erster Kabelkran im Minifig-Maßstab ist dem Prototypenstadium entwachsen und bereit für den Baustelleneinsatz!

Wie in meiner Vorstellung schon erwähnt, entstand das Konzept der Kabelkrananlage ursprünglich vor einigen Jahren als ich meinen Standard Technik-LKW (12K breit) aus KFOL Zeiten mit meinem heutigen AFOL-Wissensstand nochmals neu aufbaute.
Dazu benötigte ich natürlich auch einen Aufbau und dieser sollte eine mobile Anlage auf einem Anhänger oder einem Sattelauflieger darstellen.
Nachdem mich das Maschinenelement Seil immer schon fasziniert hat, beschloss ich einen Mobilseilkran zu bauen wie er im Gebirge für die Holzbringung eingesetzt wird. Im Zuge der Recherche bin ich auf Kabelkrananlagen gestoßen. Aufgrund der so gar nicht gebirgigen Topografie unserer Zimmerböden hab ich mich entschieden einen Kabelkran zu bauen. Nach mehreren Entwicklungsschritten und einer ausgiebigen Testphase war der 12K Prototyp fertig und wurde wieder eingemottet.

Als ich mich Jahre später im Zuge der Nachwuchspflege mit den aktuellen City-Trucks auseinanderzusetzen begann, entdeckte ich die neuen Möglichkeiten die mir die 6K breite Bauweise bot und beschloss den Kabelkran auf Minifig-Maßstab zu verkleinern. Sehr hilfreich war die größere Teilevielfalt speziell bei Kabeltrommeln und.
Aufgrund des kleineren Maßstabs hab ich nun mehr Möglichkeiten für Fahrzeuge und Zubehör womit sich der Spielwert erhöht.

Es hat funktioniert – das Ergebnis seht Ihr im Folgenden

Die Idee einen mobilen Kabelkran mit Hauptaugenmerk auf schnellen Auf- und Abbau zu entwickeln hatte natürlich der Inschenör.
Und er hatte das Glück mit der Chefin eine mutige und kompetente Partnerin zu finden die seinen Hirngespinsten mit ihrem Unternehmen eine solide organisatorische und finanzielle Basis bietet.

Da es sich um ein noch recht junges Unternehmen handelt besteht das Betriebsgelände momentan nur aus einem Lagerplatz mit einem Büro- und einem Lagercontainer.

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Vor dem ersten Einsatz treffen sich die FahrerInnen kurz zu einem Plausch, ...

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… während vor dem Bürocontainer Kaffee getrunken und der Plan für den Tag besprochen wird …

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… und die Mechaniker nebenbei schon fest an einem Maschinenteil Flexen und Schweißen.

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Es geht los – als erstes wird die Gegenseite aufgestellt. Das ist der kleine Transportkonvoi.

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Am Aufstellungsort angekommen wird die Masteinheit auf das Fundament abgesetzt (rutschhemmende Matte).

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Das Fahrwerk wird zusammengebolzt und für den Sattelschlepper geht die Reise wieder retour zum Lagerplatz.

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Während das Montageteam beginnt mit dem Hydraulikaggregat den Mast aufzustellen, positioniert das Wechselladefahrzeug den Aufnahmerahmen für das Gegengewicht.

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Nun braucht nur mehr alles verbolzt zu werden und die Gegenseite ist am Ende des Tages fertig zum Seilziehen.

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Am nächsten Tag folgt die Maschinenseite.
Das Fotografenpärchen sind Freunde der Chefin, welche als selbstständige Fotografen den ersten Einsatz des Kabelkrans professionell dokumentieren.

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Nachdem alle Fahrzeuge eingetroffen sind, wird umgehend mit dem Einrichten der Baustelle (Aufstellen des Baucontainers und des Generators) und dem Absetzen der Windeneinheit begonnen.

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Während der Montage des Aufnahmerahmens für das Gegengewicht wird der Mast aufgestellt und die Laufkatze sowie der Haken für die Seilzugarbeiten vorbereitet.

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Frauenpower

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Das junge Unternehmen setzt auf innovative Technik und ganz in diesem Sinne wird die Drohne der Fotografin verwendet um den Vorläufer für das Tragseil zur Gegenseite zu fliegen.

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Die letzten Vorbereitungsarbeiten bevor die Seile gezogen werden.

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Die Chefin und der Inschenör erklären den Finanziers die Funktion während die Monteure die Laufkatze darauf vorbereitet auf den bereits eingezogenen Seilen angehoben zu werden.

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Und fertig ist er!

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Maschinenseite

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Rückseite der Windeneinheit mit den Sperrklinken und der Kuppelvorrichtung für die beiden Fahrseilwinden. In Blau der Dieselgenerator und rot die Bauhütte.

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Gegenseite mit den Spanngewichten für das Tragseil und die Fahrseile und dem Balastgewicht.

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Inspiriert hat mich ein von LCS für die kroatische Kraftwerksbaustelle Lesce gebauter Kabelkran.
Zugunsten der guten Bespielbarkeit bei einer trotzdem vorbildähnlichen Funktion musste ich Kompromisse beim vorbildtreuen Aussehen eingehen.

Auf die Bewegungsrichtung quer zum Seil (3. Dimension) habe ich aufgrund der Bespielbarkeit verzichtet obwohl es ein paar Ideen zur Realisierung gäbe.

Ursprünglich wollte ich den Kran elektrifizieren. Nachdem ich jedoch feststellen musste, dass meine gesamte elektrische Ausrüstung ein Opfer des nassen Sommers 2002 wurde, verschob ich diese Idee bis zu dem Zeitpunkt wo mein KFOL auch was mit Elektromotoren anfangen kann.
Als Kind des prädigitalen Zeitalters finde ich ja Handarbeit ohnehin gut

Auf den Bildern ist er mangels eines ausreichend breiten Hintergrundes mit einer sehr kurzen Spannweite aufgestellt. In der momentanen Seilkonfiguration sind Spannweiten von 2,5m bei einem Hub von 1m unter der Aufstellebene möglich.
Eine der beiden Seiten kann um bis zu 1m überhöht aufgestellt werden.
Ich habe insgesamt 4 Seilwinden verbaut. Es wären im Prinzip nur eine Winde für das Hubseil und eine zum Antrieb des umlaufenden Fahrseils notwendig. Da ich aber die Spannweite schnell und einfach variieren können will, habe ich auch das Tragseil auf eine Winde gelegt und die Fahrseile für beide Fahrtrichtungen jeweils auf eine Winde gelegt und diese beiden Winden mit einer Vorrichtung versehen um sie nach dem Aufbau für den Betrieb kuppeln zu können.

Originale erreichen Masthöhen von über 100m, bei mir sind es umgerechnet nur gut 20m.
Das Ganze ist so konzipiert, dass die Anlage ohne Mobilkran aufgestellt werden kann und alle Teile mit einem der drei zur Verfügung stehenden Fahrzeuge transportiert werden können.

Ich bin kein Freund von Fremdteilen, aber wenn es meiner Meinung nach die einzige/bessere Lösung ist, welche alle Kriterien erfüllt, dann scheue ich auch nicht davor zurück – Form follow’s function.

Das "Sündenregister" in der Reihenfolge der Wichtigkeit für das Projekt:
Seile: Abgesehen davon, dass ich keine Bezugsquelle für 20lfm Originalseil gefunden habe, ist es mir ziemlich egal woher das Seil kommt
Kranhaken: Keiner der getesteten Originalhaken ließ sich ohne manuellen Eingriff in den lifting ring ein- bzw. wieder aushaken. Darum habe ich einen Haken mit flach auslaufendem Hakenmaul gebogen, welcher in einem ehemals kaputten axle pin steckt.
Seilanschluss Fahrseil Laufkatze: Ein Anschluss mit liftarm Teilen hätte die ohnehin schon grenzwertige Kopflastigkeit der Laufkatze weiter erhöht.
Verbindungshaken: Hier spielte neben dem hohen Bedienkomfort der gewählten Lösung auch die Kompatibilität mit den Gewichten eine wesentliche Rolle
Balastgewichte: Abgesehen von der Verfügbarkeit der Originalteile (boat weight) wäre der eh schon hohe Balastturm mehr als doppelt so hoch gewesen.
Spanngewichte: Die Originalteile lassen nicht die notwendige Feinabstimmung zu.
Bügel für den Kübel: keine andere Idee
Schüttgut: Ich habe ernsthaft mit dem Gedanken gespielt bei TLC deswegen anzufragen. Habs aber dann gelassen und PP-Granulat verwendet.

Sollte jemand eine bessere Lösungen haben, welche die für mich wichtigen Kriterien (Bespielbarkeit, Funktion, Vorbildtreue, Purismus – in der genannten Reihenfolge) erfüllen, freue ich mich auf eine Rückmeldung.

Als typischer Einsatzort für Kabelkräne ist auch bei diesem die erste Baustelle ein Dammbauwerk.
Hier werden die ersten Teile für den Betonsilo angeliefert. Aufgrund der beschränkten Hakenhöhe gibt es zum Heben der Silokomponenten eine Sondertraverse damit keine Anschlagketten benötigt werden.

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Wenn der Silo unter dem Aufstellungsniveau des Krans steht, kann noch ein zusätzliches Element eingebaut werden, bzw. ist es dann auch möglich den Silo mit dem Kran zu befüllen.

Eines der wichtigsten Werkzeuge für Kabelkräne ist üblicherweise der Betonkübel – hier ist es ein selbstentleerender Aushubkübel.

Füllen des Aushubkübels

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Transport zur Schalung des ersten Dammblockes

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Absetzen und entriegeln

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Entleeren

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Absetzen unter dem Silo und verriegeln bevor wieder befüllt wird.

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Mein 4-jähriger KFOL kann das Teil noch nicht alleine aufbauen aber die Bedienung geht schon gut ohne Hilfe.
Ihm und mir macht die Anlage auf jeden Fall viel Spaß!

Mit steinigen Grüßen
Mario

PS: Was ist ein Kabelkran?

Seil- bzw. Kabelkräne sind Kräne wo die Laufkatze – wie der Name schon sagt – auf Seilen/Kabeln läuft im Gegensatz zu Brücken- oder Turmdrehkranen wo die Laufkatze auf Schienen läuft.

Soweit ich herausgefunden habe, gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Bauformen. Diese werden (zumindest im deutschen Sprachraum) auch namentlich unterschieden:

Seilkran
Das Tragseil überbrückt einen nennenswerten Höhenunterschied und das Hubseil ist mit dem Fahrseil kombiniert (häufig bei der Holzbringung) oder der Hubantrieb sitzt direkt auf der Laufkatze – ähnlich einer Seilbahn. Oft hat diese Art auch Zwischenstützen.
Seilkräne bewegen das Lastaufnahmemittel (den Haken) nur in zwei Dimensionen – die Position des Tragseiles wird nicht verändert.
Eingesetzt werden Seilkräne hauptsächlich bei Gebirgsbaustellen (Seilbahn, Rohrleitung, …).
Ein weiteres, sehr häufiges Einsatzgebiet ist die Holzbringung im unwegsamen/steilen Gelände.
Originale siehe z.B. hier für die Holzbringung oder hier für den Materialtransport

Kabelkran
Das Tragseil verläuft nahezu horizontal und die Hubwinde ist auf der sogenannten Maschinenseite angeordnet (Seilführung ähnlich wie bei einem Turmdrehkran).
Im Gegensatz zum Seilkran wird beim Kabelkran das Lastaufnahmemittel meist in allen drei Dimensionen bewegt. Je nachdem wie diese horizontale Bewegung quer zur Tragseilrichtung realisiert wird, unterscheidet man in schwenkbare (Schwenkmast-), fahrbare (Radial- oder Parallel-) oder Brückenkabelkräne.
Die Traglasten sind bei Kabelkränen tendenziell höher als bei Seilkränen (25t und mehr) und es werden Spannweiten von über 1000m realisiert.
Eingesetzt werden sie dort wo es gilt große Spannweiten in meist unwegsamen Gelände zu überbrücken – Dammbauwerke, Brücken und in der Vergangenheit auch über Hellingen von Werften (Bsp. B&V Hamburg).
Originale siehe z.B. auch hier.


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