Micha2
08.08.2007, 23:51

Pneumatik - prinzipielles Problem???

Hallo,

ich bastle seit einigen Tagen an einer Verbesserung des Technik-Traktors 8284 herum, die u.a. eine pneumatische Hebeeinrichtung hinten umfasst:

[image]



Der prinzipielle Bau war recht simpel und im Grunde funktioniert auch alles wie gedacht.

Dennoch macht mir die Pneumatik Sorgen, da sie m.E. ein prinzipielles Problem hat. Der Grund ist folgender: Wenn ich an die Hebeeinrichtung ein Gerät anbaue, dann wird es problemlos an- oder hochgehoben. Allerdings wird die Position nicht gehalten, sondern die Hebemechanik sinkt wieder ab. Und zwar ziemlich schnell (ca. 5-10 Sekunden).

Zunächst dachte ich an defekte Komponenten und habe nacheinander alles mal ausgetauscht: Zylinder, Schläuche, T-Stücke, Schalter,...
Umsonst.
Die ausgebauten Zylinder habe ich aber einzeln überprüft und dabei eine Entdeckung gemacht, die mir bislang neu war: Wenn man den Zylinder so ansteuert, dass er sich zusammen zieht, ihn unter Druck lässt aber von Hand dagegen versucht, ihn auseinander zu ziehen, dann macht es kurz "pffft" und sämtliche Kraft ist verloren. Beim ersten Zylinder war meine Freude groß ("Aha - Problem gefunden, Zylinder defekt"). Leider musste ich feststellen, dass dieses Phänomen auf alle meine unverbauten Zylinder zutrifft, und das sind ca. 30 Stück.

Umgekehrt trifft das aber nicht zu, d.h. wenn man den Zylinder so ansteuert, dass er sich streckt und dann von Hand versucht zusammen zu drücken, dann macht es nicht "pffft".
Daher Probe auf's Exempel: Wenn ich den Traktor auf's Dach lege und ihn das selbe Gerät wie vorher heben lasse (wobei der Zylinder sich nun strecken muss), dann geht das problemlos. Und die Position hält und hält und hält...

Für mich bedeutet das:
1) entweder, alle meine Pneumatikzylinder sind defekt oder
2) Pneumatikzylinder sind zum Übertragen großer Kräfte nur geeignet, wenn sie sich dazu strecken müssen, aber nicht, wenn sie sich zusammen ziehen müssen.


Frage nun an Euch: Kann das jemand verifizieren? Ist das eine neue Erkenntnis? Oder ist das nur für mich neue und für die Allgemeinheit ein alter Hut?

Interessierte Grüße,
Micha


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Micha2
09.08.2007, 10:51

Re: Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem

Hi Steffen,

» 1. Luft läßt sich sehr leicht komprimieren(was der genauigkeit nicht
» gerade gut tut).

Stimmt. Mit Pneumatik was zu bauen, was präzise laufen soll, ist ziemlich unmöglich.

» 2. Die Arbeitszylinder sind oben weniger dicht als unten(das müßte das
» angesprochene Problem sein). Von unten sind sie dicht wie die/das
» schwächste Verbindung/Bauteil(Ventil,Schlauchverbindung,Pumpe,etc.) im
» System. Von oben kommt es nun auf die Verarbeitung an wie viel Luft er
» heraus läßt.

Das vermute ich mittlerweile auch. Allerdings erstaunt es mich, dass meine 4 durchsichtigen Zylinder absolut dicht sind und alle anderen nicht. Aber das ist wohl Zufall.

» 3. Die in Nr.2 schon angesprochene Verarbeitung. Im Set 8455 waren von 4
» gekauften Sets 6 Ventile und 2 Zylinder nicht in Ordnung. Sowohl die
» Zylinder als auch die Ventile wahren undicht. Ausserdem schalteten die
» Ventile manchmal nicht. Trotzdem find ich das Set gut gemacht, nur eben
» die Qualität...

Ohh! Also solche Qualitätsprobleme hatte ich mit Lego noch nie. Bislang haben die pneumatischen Komponenten aller von mir gekauften Sets einwandfrei funktioniert, auch beim Übertragen großer Kräfte. Das sind eine ganze Menge Sets und Zylinder (wohl um die 100), wobei auch viele Sets gebraucht gekauft wurden und die Zylinder daher u.U. auch nicht mehr ganz taufrisch waren. Zumindest war das im Rahmen dieser Sets so, bei denen aber - wie mir jetzt bei näherem Nachdenken auffällt - große Kräfte auch immer durch Druck übertragen werden und nicht durch Zug. Durch Zug werden höchstens mittlere Kräfte übertragen, wie z.B. für das Anwinkeln eines Baggerarmes in 8455 (Welches ich übrigens für eines der besten Technic-Sets halte).

Grüße,
Micha (Der Deine Pflanze nach wie vor witzig findet - aber das habe ich Dir ja schon im Mindstorms-Forum gesagt / m.a.)


Micha2
09.08.2007, 11:00

Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem / Sammelantwort

Hallo Oliver,

» Meine Erfahrungen zum Kranwagen 8421: Wenn der Kranausleger
» nicht ausgefahren ist, halten die Pneumatik-Kolben ihn oben.
» Wenn ich dagegen den Ausleger auf volle Länge ausfahre, dann
» kommt er schon nach kurzer Zeit herunter, bzw. ich muss regel-
» mäßig nachpumpen, damit er oben bleibt.

Wie ich schon an anderer Stelle schrieb: Meiner bleibt oben. Da habe ich wohl Glück gehabt und qualitativ hochwertige Zylinder erwischt.

» Wenn es die Konstruktion erlaubt, hilft es, den Druck auf
» möglichst viele Kolben zu verteilen. Z.B. bei vier statt zwei
» Kolben halbiert sich der Druck pro Kolben -- und möglicherweise
» ist er dann niedrig genug, damit er gehalten werden kann.

Ja, ist klar. In meinem Fall aber können 2 Zylinder auf Zug ein Gewicht nicht halten, das geringer ist als das, welches in 8421 1 Zylinder auf Druck hält.
Das hatte mich halt erstaunt.

» Meine persönliche Meinung: Es ist halt letztendlich doch nur
» ein Kinderspielzeug und nicht für den industriellen Einsatz
» gedacht ... Da kann man wohl nicht erwarten kann, dass die
» Kolben, Pumpen, Umschalter usw. auch unter hohen Drücken 100%
» dicht halten. Und bei dem ausgefahrenen Kranausleger ist der
» Druck schon nicht schlecht: Wenn man den Kolbenquerschnitt
» mal auf 1,2 cm² schätzt und die Kraft auf 50 Newton (entspricht
» ungefähr der Gewichtskraft von 5 kg), kommt man auf mehr als
» 4000 Hektopascal (Druck = Kraft / Fläche). Das ist der vier-
» fache Atmosphärendruck (ca. 1000 hPa).

Ich stimme Dir zu - aber den industriellen Einsatz hatte ich auch gar nicht vor... !
Aber ich finde auch, dass die durch die Lego-Pneumatik übertragbaren Kräfte schon gewaltig sind. Ich finde das System sehr gelungen, und wenn man seine Unzulänglichkeiten kennt (wie in diesem Fall: Große Kräfte durch Druck übertragen, nicht durch Zug), dann muss man das halt konstruktionsmäßig passend hinbiegen.
Die einzige 2 Dinge, die ich mir von Lego noch in Sachen Pnaumatik wünschen würde, wären:

Prio 1: Zylinder mit längerem Hub
Prio 2: Ein Kompressor als 1 Bauteil, der deutlich platzsparender und performanter sein sollte als ein mit Lego-Pumpe und Motor selbst konstruierter Kompressor.

Grüße,
Micha


inof
09.08.2007, 11:24

Re: Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem / Sammelantwort

Hallo Micha,

Ich stimme Deinen Kommentaren im großen und ganzen zu, daher
gehe ich nicht im einzelnen darauf ein. Kleine Ergänzung:

» Die einzige 2 Dinge, die ich mir von Lego noch in Sachen Pnaumatik
» wünschen würde, wären:
»
» Prio 1: Zylinder mit längerem Hub
» Prio 2: Ein Kompressor als 1 Bauteil, der deutlich platzsparender und
» performanter sein sollte als ein mit Lego-Pumpe und Motor selbst
» konstruierter Kompressor.

Und drittens: Hydraulik. Aber die wird wohl leider nicht kommen,
da das mitunter doch eine ziemliche Schweinerei im Kinderzimmer
geben könnte ... Pneumatik ist da "sauber", wenn auch nicht so
präzise.

Viele Grüße
Oliver / inof


phonochrom
09.08.2007, 12:08

Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem / Sammelantwort

»

[image]



Hallo Micha,

ich würde gerne zu diesem Problem etwas Klugscheißern und so mein solides Halbwissen an den Mann bringen

Auf diesem Bild haben die Pneumatikzylinder einen anderen Winkel zur Gewichtskraft der Anhängelast als beim ersten Bild. Daher ist hier die Kraftkomponente, die auf den Pneumatikkolben wirkt viel geringer. Dafür ist die Kraftkomponente in Richtung quer zur Kolbenstange größer.
Dadurch stützt sich das Gerät weniger auf der Luftsäule und mehr auf der Mechanik ab. Das dürfte der Grund sein, warum das Gerät hier nicht wieder absackt.

Stimmt mir da jemand zu?

Grüße, Henning


Micha2
09.08.2007, 12:44

Re: Pneumatik - prinzipielles Problem???

Hallo Henning,

» Auf diesem Bild haben die Pneumatikzylinder einen anderen Winkel zur
» Gewichtskraft der Anhängelast als beim ersten Bild. Daher ist hier die
» Kraftkomponente, die auf den Pneumatikkolben wirkt viel geringer. Dafür
» ist die Kraftkomponente in Richtung quer zur Kolbenstange größer.
» Dadurch stützt sich das Gerät weniger auf der Luftsäule und mehr auf der
» Mechanik ab. Das dürfte der Grund sein, warum das Gerät hier nicht wieder
» absackt.
»
» Stimmt mir da jemand zu?

So ein bisschen... !

Die Kraftlinien sind bei beiden Konstruktionen sicherlich unterschiedlich. Allerdings verändern sie sich auch, wenn die Vorrichtung gehoben / gesenkt wird (zu Gunsten welcher Konstruktion das vorteilhaft ist habe ich aber jetzt nicht weiter durchdacht). Ganz nebenbei: Der Drehpunkt ist übrigens der blaue Achspin, welcher sich in etwa mittig zwischen den beiden Pneumatikzylindern befindet.

In meinem Fall denke ich aber, dass der Unterschied nicht aus den unterschiedlichen Kraftlinien resultiert. Denn wie ich in meinem allerersten Posting schrieb:

» Daher Probe auf's Exempel: Wenn ich den Traktor auf's Dach lege und ihn
» das selbe Gerät wie vorher heben lasse (wobei der Zylinder sich nun
» strecken muss), dann geht das problemlos. Und die Position hält und hält
» und hält...

D.h. die Kraftflüsse und Hebelverhältnisse sollten hier doch genau so sein, wie wenn der Traktor richtig steht und mit Zugkraft gearbeitet wird. Und in einem Fall ist die Kraft mehr als ausreichend (in der Tat wäre auf dem Kopf stehend 1 Zylinder ausreichend, das Ganze anzuheben und dauerhaft zu halten), und im anderen nicht.

Viele Grüße,
Micha


Micha2
09.08.2007, 12:45

Re: Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem / Sammelantwort

» Hallo Henning,
»
» » Auf diesem Bild haben die Pneumatikzylinder einen anderen Winkel zur
» » Gewichtskraft der Anhängelast als beim ersten Bild. Daher ist hier die
» » Kraftkomponente, die auf den Pneumatikkolben wirkt viel geringer. Dafür
» » ist die Kraftkomponente in Richtung quer zur Kolbenstange größer.
» » Dadurch stützt sich das Gerät weniger auf der Luftsäule und mehr auf
» der
» » Mechanik ab. Das dürfte der Grund sein, warum das Gerät hier nicht
» wieder
» » absackt.
» »
» » Stimmt mir da jemand zu?
»
» So ein bisschen... !
»
» Die Kraftlinien sind bei beiden Konstruktionen sicherlich unterschiedlich.
» Allerdings verändern sie sich auch, wenn die Vorrichtung gehoben / gesenkt
» wird (zu Gunsten welcher Konstruktion das vorteilhaft ist habe ich aber
» jetzt nicht weiter durchdacht). Ganz nebenbei: Der Drehpunkt ist übrigens
» der blaue Achspin, welcher sich in etwa mittig zwischen den beiden
» Pneumatikzylindern befindet.
»
» In meinem Fall denke ich aber, dass der Unterschied nicht aus den
» unterschiedlichen Kraftlinien resultiert. Denn wie ich in meinem
» allerersten Posting schrieb:
»
» » Daher Probe auf's Exempel: Wenn ich den Traktor auf's Dach lege und ihn
» » das selbe Gerät wie vorher heben lasse (wobei der Zylinder sich nun
» » strecken muss), dann geht das problemlos. Und die Position hält und
» hält
» » und hält...
»
» D.h. die Kraftflüsse und Hebelverhältnisse sollten hier doch genau so
» sein, wie wenn der Traktor richtig steht und mit Zugkraft gearbeitet wird.
» Und in einem Fall ist die Kraft mehr als ausreichend (in der Tat wäre auf
» dem Kopf stehend 1 Zylinder ausreichend, das Ganze anzuheben und dauerhaft
» zu halten), und im anderen nicht.
»
» Viele Grüße,
» Micha


Micha2
09.08.2007, 12:46

Mist - das Posting sollte die Antwort auf phonochrom sein... (ohne Text)


leggor
09.08.2007, 13:46

Re: Re: Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem

» Stimmt. Mit Pneumatik was zu bauen, was präzise laufen soll, ist ziemlich
» unmöglich.

Es sei denn, man arbeitet mit definierten Endstellungen.
Dann kann die Pneumatik bei konstantem Arbeitsdruck ihren Vorteil der schnelligkeit ausspielen.

Steffen


Seeteddy
10.08.2007, 21:37

Re: Pneumatik - prinzipielles Problem??? Ja!

Hallo Micha,

ohne jetzt klugscheißern zu wollen, ein wenig Physik:

Wird ein Zylinder mittels Unterdruck beaufschlagt, so ergibt die maximale Druckdifferenz 1 bar (Atmosphärischer Normaldruck außen - gegen Vakuum innen).

Bei Überdruck sind ohne Weiteres höhere Werte erreichbar (abhängig von der technischen Ausführung - bei Lego eher 3 bar, in Industrieanwendungen 6 bis 20 bar).
Hinzu kommt auch noch, dass die Kolbenseite der Membran auch eine kleinere wirksame Fläche hat (der Querschnitt des Kolbens kann nicht beaufschlagt werden).

Ebenso ist die Dichtigkeit von Spritzen-, Pumpen- oder Kolbenmembranen auch unterschiedlich, abhängig von der Richtung wie der Druck auf den Membranpilz wirkt (in der einen Richtung wird der Pilz zusammengezogen und leckt eher, als in der Gegenrichtung, die den Pilz aufweitet und gegen die Kolbenwandung presst).

Also überraschen Deine Versuchsergebnisse nicht allzusehr.

Deine "umgekehrte Lösung" finde ich eine gelungene Konstruktion, die das Prinzip optimal anwendet.


Micha2
11.08.2007, 08:26

Re: Re: Pneumatik - prinzipielles Problem??? Ja!

Hi,

» ohne jetzt klugscheißern zu wollen, ein wenig Physik:

zielführende Klugscheisserei ist stets willkommen !
»
» Wird ein Zylinder mittels Unterdruck beaufschlagt, so ergibt die maximale
» Druckdifferenz 1 bar (Atmosphärischer Normaldruck außen - gegen Vakuum
» innen).

Das trifft das Problem nicht. Denn auch, wenn ich von "Zug" spreche wird im Inneren des Zylinders doch mit Druck gearbeitet (im Gegensatz zum alten Pneumatiksystem, wo in eine Richtung gedrückt und in die andere "gesaugt" wurde). Die Luft wird nur an unterschiedlichen Stellen in den Zylinder geleitet, wodurch der Stempel mal in die eine, mal in die andere Richtung gedrückt wird.

» Hinzu kommt auch noch, dass die Kolbenseite der Membran auch eine kleinere
» wirksame Fläche hat (der Querschnitt des Kolbens kann nicht beaufschlagt
» werden).
» Ebenso ist die Dichtigkeit von Spritzen-, Pumpen- oder Kolbenmembranen
» auch unterschiedlich, abhängig von der Richtung wie der Druck auf den
» Membranpilz wirkt (in der einen Richtung wird der Pilz zusammengezogen und
» leckt eher, als in der Gegenrichtung, die den Pilz aufweitet und gegen die
» Kolbenwandung presst).

Das dagegen klingt sehr plausibel!

» Deine "umgekehrte Lösung" finde ich eine gelungene Konstruktion, die das
» Prinzip optimal anwendet.

Leider kann ich sie in der gezeigten Form nicht anwenden, da sie vom Platz her nicht passt. ABER: Ich habe mittlerweile einen oberprimstens funktionierenden Workaround gefunden! Er ist mechanisch etwas aufwändiger, gestattet es aber, die Zylinder drücken zu lassen!
Mehr demnächst!

Viele Grüße,
Micha