Hi,
Aufgrund immer wieder aufkommender Diskussionen und wilder Spekulationen meine Erfahrungen (und Zahlen) als "Scalper" und "Reseller".
Der Kauf und Verkauf neuer LEGO-Sets aus Gewinnabsicht
-Finanzamt
Ich kann aus Erfahrung berichten, daß der Verkauf von neuen LEGO-Sets auf den bekannten Plattformen früher oder später dem Finanzamt auffallen (oder gemeldet) wird.
Und wenn es erst mal soweit ist, kann es sehr sehr teuer werden.
Entweder kommen hohe Steuernachforderungen oder man muß in einen guten Steuer-Rechtsanwalt und eine gute Steuerberatung ähnliche Summen investieren. (In meinem Fall ca. 6000,- Euro)
Im schlimmsten Fall beides.
Das Finanzamt wird Eure gesamten Verkaufserlöse der letzten Jahre zunächst mal als Reingewinn unterstellen. Eure Einkaufskosten müßt Ihr dann nachweisen.
Die Verkaufsplattformen heben die Daten Jahrelang auf.
Es wird zu einer Steuernachforderung und einem Steuerstrafverfahren kommen.
Die Entscheidung, ob es nun Gewinnabsicht oder ein reines "Auflösen" einer Sammlung ist, trifft auf jeden Fall nicht der Verkäufer.
Bei hunderten Verkäufen von Neuware über mehrere Jahre stellt sich die Frage auch nicht mehr.
Durch die neue Gesetzgebung sind seit diesem Jahr die verschiedenen Verkaufsplattformen verpflichtet, ab einer gewissen Anzahl an Verkäufen (30) oder einem gewissen Umsatz (2000,- €) eine Meldung an die Finanzämter zu machen.
Über einen längeren Zeitraum und in größerer Anzahl Neuware im Internet zu verkaufen, ohne dies ordnungsgemäß dem Finanzamt zu melden, wird auf jeden Fall irgendwann zum Schuß in's eigene Knie.
-Eigene Erfahrungen als Reseller / Zahlen
Jetzt, hier und heute lasse ich mal die Hosen runter bzw. lege ich auch noch Zahlen auf den Tisch, was sich ja so einige Leute hier wünschen.
(Die Zahlen kennt auch mein Finanzamt, macht Euch also keine Sorgen um unseren Staat )
-Verkaufte neue Artikel bei Ebay im Jahr 2021 (Alles LEGO, alles "Sofortkauf"): 119
-EK-Preise der Sets: € 6.385,38
-Gewinn nach Abzug der Ebay- und Paypal-Gebühren : € 1.748,81
-Einkaufs- bzw. Erscheinungsjahre der Sets: 2013 - 2018
-Geschätzter zeitlicher Aufwand pro Set (Einkauf, Einlagern, Katalogisieren, Markt beobachten, als "Verkaufsreif" identifizieren, Fotografieren, bei Ebay einstellen, Fragen beantworten, Zahlung kontrollieren, Paketmarke kaufen und ausdrucken, Verpacken, zur Packstation bringen, Dokumentation fürs Finanzamt) 45 min
Das entspricht einem Zeitaufwand von knapp 90 Stunden und einem Stundenlohn von rund 19,60 Euro vor Steuern. (Den Steuersatz habe ich gerade nicht zur Hand)
Hier reden wir noch nicht von Sozial- oder sonstigen Versicherungen. Die habe ich durch meinen regulären Job !
Gerade der Zeitaufwand wird im allgemeinen völligst unterschätzt !
Man macht nicht mal eben mit einen Fingerschnipp aus 100,-€ das doppelte oder dreifache und das noch in's unendliche hochskaliert.
Aber egal, ist ja "Hobby" ...
Nicht gerechnet:
-Ärger und Aufwand mit "defekten" Lieferungen von LEGO, Amazon und etlichen anderen.
-Verpackungsmaterial (Druckerpapier und Tinte, Folientüten, Kartons, Füllung und Klebeband, manches aber nicht gekauft, sondern recycelt).
-Lager- und Verpackungsplatz im Keller.
-Internet- und Hardwarekosten.
-Fahrt- und Parkhauskosten für den Einkauf im Store (Frankfurt, 20 Km) und die Fahrten zur Packstation (4Km).
-Inflationsverlust.
Wirklich guten Gewinn brachten übrigens vor allem Sets wie das Detektivbüro 10246, die Brickbank 10251 und die alte Anglerhütte 21310. Das meiste hätte ohne Einkaufsrabatte von ca. 30% oder netten GWPs nur Verlust gebracht.
Meine Reklamationsrate bei den Käufern wardabei Null Prozent. Im Schnitt hatte ich fünf von fünf Punkten bei den Bewertungen für die Artikelbeschreibung, Geschwindigkeit und Kommunikation. Mit einigen Käufern habe ich auch heute noch netten Mailverkehr.
Ich persönlich sehe den Verkauf aber auch als Zeitvertreib und Spaß.
Außerdem bilde ich mir eine gewisse Expertise bei den Ansprüchen der Käufer und LEGO-Sets und ihrer Geschichte ein.
-Fazit (und Meinung):
Manche Medien bringen LEGO als Investitionsobjekt gerne mal als Sommerpausenfüller. Nur weil sehr wenige Sets der letzten Jahre ihren "Wert" um 300 - 400% gesteigert haben. Das ist aber genauso die Ausnahme, wie ein Lottogewinn.
Im Jahr 2010 kamen nur sehr wenige Leute auf die Idee, die damals normal erhältlichen Sets einzulagern, um sie mit Gewinn weiter zu verkaufen. Davor schon gar nicht.
Heute machen das subjektiv wahrgenommen Zehntausende. Damit steigt das Angebot, aber nicht unbedingt die Nachfrage.
Sucht mal bei eBay nach verkauften neuen Exemplaren des braunen Krokodils 10277 oder der Barracuda Bay 21322 (Beides schon seit geraumer Zeit EOL), zieht von den Preisen die 11% Provision ab, stellt Euch jetzt vor, ihr hättet je 10 Exemplare gekauft und eingelagert und rechnet zum Schluß noch die Inflation der letzten beiden Jahre mit ein.
Dazu kommt noch die extreme Schwemme an hochpreisigen Sets von LEGO der letzen paar Jahre. Hier das Set zu identifizieren, welches in den nächsten paar Jahren lohnend im Wert steigt, ist nahezu unmöglich.
Die Verpackungen erreichen dabei auch noch Gewichte und Größen, die fast schon Hubfahrzeuge erfordern. Schleppt mal die Titanic-Box eine enge Kellertreppe hinunter ....
.....und verpackt und versendet das Ding dann fünf Jahre später mal mit der DHL.
LEGO als Investment mag für den Hobbyhändler für ein paar Hundert Euro im Jahr gut sein, taugt aber nicht, um eine Familie mit zwei Kindern, Hund und Katze zu ernähren.
Und ein paar Hundert Euro sind ja auch noch legitim (Meines Wissens bis zu 600,-€ /Jahr).
Die erzielten Gewinne (Immerhin keine Verluste) rechtfertigen kaum den nötigen Aufwand und die Investitionen.
Salopp gesagt: Als Minijob Regale bei Aldi einräumen bringt mehr Verdienst mit weniger Risiko, Platz- und Zeitaufwand.
Ein "echter" Investor würde solche Zahlen nicht mal als Rundungsfehler bemerken.
Welches Lager und welche Lieferanten müßte man haben, um in Zahlenbereiche Hunderttausende oder Millionen von Euro zu kommen ?
Was, wenn es dann zu einem Einbruch, Hochwasser oder Feuer kommt ?
Meine Meinung, die ich gerne zur Diskussion stelle.
Sie soll kein Gejammer, sondern eine objektive Bilanz sein.
Mit der Bitte um respektvollen Umgang und seriösen Meinungen/Kommentaren
Gruß
Frank
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Hallo Frank,
vielen Dank für Deinen sehr offenen, informativen
und hilfreichen Beitrag. Ich habe ihn direkt gesichert,
um ihn bei Gelegenheiten (die kommen werden) schnell
für mich parat zu haben.
Auch ich verkaufe gelegentlich Dinge bei Ebay (vorwiegend
kein LEGO) und habe gemerkt, dass sich die Plattform für
Verkäufer verschlechtert hat, und damit meine ich nicht
die Finanzamtsregeln.
In der letzten Woche habe ich zwei Artikel für zusammen
98 Euro (inclusive Versand) verkauft. Von der Summe zog
Ebay mehr als 11,50 Euro an Gebühren ab. Kleinverkäufe
lohnen sich praktisch gar nicht mehr.
Ich weiß nicht, ob Ebay in der Zukunft schrumpfen oder
wachsen wird. Ich sehe es nur so, dass es früher besser war.
Ingo.
PS. Bitte lass mich mit PN wissen, wenn Du den Beitrag nicht
im Thread haben willst. Dann lösche ich direkt.
Fließendes Wasser kennt keinen Kampf (Takagawa Kaku)
mcmike82 gefällt das
Danke für den Text. Es gibt ja meist nur die Lego-Investoren und die, die mit dem Kopf schütteln. Aber ein "Investor", der das Ganze so selbstkritisch betrachtet und offen beschreibt, ist ja doch selten.
Ich gehöre zu den Kopfschüttlern, auch wenn ich gerade im letzten Winter noch mal Sets für knapp 1500€ Erlös verkauft habe (neu + gebraucht). Das war noch aussortieren von Sets aus "falschen" Themenwelten, die ich beim Lego-Einstieg einfach mitgekauft habe (zuletzt halt die Herr der Ringe/Hobbit-Sets) und Sets, die zu schade zum aufmachen/als Teilespender sind (Creator Expert Winter Village) - "zu schade" heißt natürlich: zu wertvoll.
Pudie® hat geschrieben:
dixip hat geschrieben:
Grüße an meinen Stalker
Pudie® hat geschrieben:
Mir scheint das Ganze viel zu negativ und unlukrativ und im Sinne der "das tut man nicht Idealisten" dargestellt. Oder Du hattest "schlechte" Sets (z.B. City).
Grund:
Du hast Deine Investition von 6.400 auf 8.100 "erhöht", also ca. 9.000 mit Gebühren. Nur mal so überschlägig.
D.h. Du hattest eine Wertsteigerung um 40%.
Das erscheint mir sehr wenig. Zur Begründung hier ein gar nicht exotisches Gegenbeispiel:
Nahezu alle Technic-Sets (andere natürlich auch, aber nur für das Beispiel) bekommt man zu etwa 35% oder auch mehr unter Listenpreis.
Nehme ich nun als Beispiel den vor 2 (?) Jahren EOL gegangenen Autotransporter 42098, dann hatte der einen UVP von 150 und somit einen Straßenpreis von ca. 95 Euro.
Aktuell gehen die Sets für etwa 160 Euro weg. Das ist eine Wertsteigerung von immerhin 68% innerhalb von 2-3 Jahren und mit jedem Technic-Set ab dem mittleren Preissegment (UVP 100) zu erreichen. Würde man noch etwas abwarten wäre meine Vermutung, dass in 2 Jahren dafür wohl um die 200 gezahlt werden, somit eine Wertsteigerung um 110% in 4-5 Jahren. Völlig normal, nicht exotisch und für jeden realisierbar. Nehmt Euch einfach mal ein paar Beispiele von Allerweltssets heraus und rechnet selbst nach.
Ich selbst habe mir den Transporter für 87 Euro zum Aufbauen gekauft und ihn kürzlich (geöffnet, gebaut) gebraucht für 105 verkauft. Sogar das war eine (unerwartete) Wertsteigerung von 20% in 2 Jahren.
Fazit:
Ja, man braucht Platz.
Ja, man muss sicherlich Rennerei, Paketband etc. einrechnen sowie mit Ärger mit irgendwelchen Käufern rechnen, aus welchen Gründen auch immer.
Aber: Von nix kommt nix. Und die andere "Geldanlage", die innerhalb von wenigen Jahren risikolos so viel einbringt (selbst wenn man dies in größerem Stile macht und somit alles korrekt versteuert etc.), die möchte ich sehen.
Ja, das Angebot an solchen Sets ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, weil offensichtlich viele auf den Zug aufspringen.
Aber von einer "platzenden Blase" (gar noch in diesem Jahr) wie in diesem Thread auch formuliert kann ich ehrlich gesagt nichts erkennen. Da scheinen mir eher der Wunsch und die Missgunst denen gegenüber, die den Aufwand nicht scheuen und dadurch etwas verdienen, im Vordergrund zu stehen.
Micha2 hat geschrieben:
Venom84
23.01.2023, 15:25
Als Antwort auf den Beitrag von Pudie®
Editiert von
Venom84
23.01.2023, 15:26
Ich glaube dass die Wertsteigerung der guten Sets aus vor ca. 2020 ganz ordentlich wird, für alles danach wirds meist schwer mit großem Gewinn. Der Grund: Die Preise der neueren Sets sind einfach zu hoch, selbst für "hardcore" Sammler (z.B. Roller Coaster, Leuchtturm etc.). Ein Creator Mustang wird immer mehr Potential als der aktuelle Creator Camaro haben - Einfach ein viel besserer EK und auch noch das deutlich bessere Modell.
Noch kurz zum Finanzamt: Bei Ebay mit Kauf über Paypal, Gebühren usw. alles klar, aber bei Ebay Kleinanzeigen steht seit Neuestem einfach "Löschen" beim Inserat - Wie soll da ein Verkauf nachgewiesen werden?
dixip hat geschrieben:
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Venom84 hat geschrieben:
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Ich bin zufällig auf diesen Thread gestoßen und finde es hochinteressant, was ihr schreibt. Persönlich beschäftige ich mich seit wenigen Monaten mit dem Thema LEGO als Investment und versuche mich zur Zeit selber hier und da an einigen Sets. Zufälligerweise bin ich die Tage auf eine recht interessante Veröffentlichung gestoßen und habe mir diese schließlich gekauft. Der Author des Buchs (LEGO Almanac - Investieren in LEGO Sets) beschreibt sehr ausführlich die Komplexität des LEGO Investments. Glaubt man dem Buch (und schließlich dem Autor) hat er ziemlich viel Vertrauen in diese Art des Investierens. Das ganze wird ziemlich eindrucksvoll mit jeder Menge Grafiken und Tabellen untermauert, wobei er sogar sein persönliches LEGO Portfolio (so nennt er es) detailliert vorstellt. Ich bin noch nicht ganz fertig mit dem Buch, aber die Einsichten in das Thema sind ungemein spannend und beeindruckend. Diese gehen weit über die Standard-Sommerpausenfüller-Berichte hinaus. Das Thema muss und kann man viel größer Denken, als man (hier) und im Allgemeinen liest. Schlussendlich tut das der Autor, in dem er sein LEGO Portfolio als eine Art (ETF) Sparplan sieht. Wobei ich gestehen muss, dass ich erwartet habe, dass das Buch LEGO als das ultimative Investment vorstellt. So ist es irgendwie gar nicht. Gerade neue Investoren, die wie Pilze aus dem Boden wachsen, dämpfen die Renditeerwartungen sehr. Ich werde deshalb nur einen überschaubaren Betrag meines Kapitals in LEGO "investieren". Irgendwie erscheint mir diese Form der Geldanlage schöner, als stupide Aktienpapiere zu kaufen hehe.