Dirk1313
02.07.2019, 21:54

+8LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Ich gerate hier ja gelegentlich in den Verdacht die Firma LEGO zu repräsentieren - oder zumindest in Schutz zu nehmen.

Aber ich habe durchaus eine kritische Meinung zu dem was die Firma manchmal so treibt. Ich hatte ja in der Ambassador-Sektion auf 1000steine.de einen „Code“ für das Spiel LEGO Tower geteilt. Daraufhin habe ich dann das Spiel selbst mal auf meinem Tablet installiert und gespielt.

Was mir sehr schnell auffiel waren die extrem umfangreichen In-App - Kaufmöglichkeiten die einem quasi ständig aufgedrängt werden. An fast jeder Stelle im Spiel wird einem dieses oder jenes zum Kauf angeboten. Natürlich die üblichen Features mit zusätzlichem schnellen virtuellen Geld im Spiel schneller weiter zu kommen oder Gegenstände zu kaufen. Aber das ist nicht alles, da gibts dann noch eine Club-Mitgliedschaft mit der es ebenfalls diverse Vorteile gibt - zum Preis von 22 Euro für 300 Tage!

Nun ist mir klar das sowas quasi normal ist in der Welt der Handy-Games. Aber bei einem renomierten Anbieter von Kinderspielzeug und Kinderspielen hätte ich zumindest einen zurückhaltenderen Umgang mit solchen Features erwartet.

Was meint ihr dazu?


Viele Grüße
Dirk - Mail

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voxel
02.07.2019, 23:46

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Moin!

Dirk1313 hat geschrieben:


Nun ist mir klar das sowas quasi normal ist in der Welt der Handy-Games. Aber bei einem renomierten Anbieter von Kinderspielzeug und Kinderspielen hätte ich zumindest einen zurückhaltenderen Umgang mit solchen Features erwartet.


Volle Zustimmung; ich halte ein solches Geschaeftsgebaren fuer sittenwidrig.

Allerdings wuerde ich mich freuen, wenn die Kinder dann eigenmaechtig AddOns einkaufen - und dann die Eltern wegen eingeschraenkter Geschaeftsfaehigkeit der Brut nicht dafuer aufkommen muessen, sondern ihr Geld (ggf. mit juristischer Unterstuetzung*) zurueckerhalten.

Das Problem ist nur, dass viele
- das nicht wissen
- oder aber den Aufwand scheuen.

Und das rechnet sich fuer den jeweiligen Verbrecher Anbieter.


*Siehe auch hier:
https://www.anwalt.de/rec...schliessen_068468.html

Darin heisst es unter anderem:
Haben Eltern den Vertrag nicht zugestimmt oder hat ein geschäftsunfähiges Kind unter sieben Jahren den Vertrag geschlossen, besteht eine uneingeschränkte Rückzahlungspflicht des anderen Vertragspartners, denn dieser ist um einen Betrag bereichert, der ihm mangels wirksamen Vertrags nicht zusteht. Die Eltern können also das gezahlte Geld herausverlangen. Wurden schon Abbuchungen getätigt, sollten die Eltern diese zurückbuchen oder den Vertragspartner anschreiben, die Situation erläutern und um Rückzahlung bitten.

Ein interessantes Urteil wurde in diesem Zusammenhang vom Amtsgericht Düsseldorf im August 2006 gefällt (Az.: 52 C 17756/05). Dabei ging es um einen Schaden von 38,87 EUR plus Zinsen, der den Eltern dadurch entstanden war, dass ihre Tochter über ihr Handy Klingeltöne heruntergeladen hatte. Der Anbieter hatte daraufhin den Betrag abgebucht, welchen der Vater nun zurückverlangte. Der Anbieter wehrte sich dagegen und argumentierte, die Eltern hätten der Klingeltonbestellung indirekt zugestimmt, indem sie der Tochter ein Prepaid-Handy überlassen hatten; damit müssten sie auch für Bestellungen des Kindes über das Handy haften. Dem stellte sich das Gericht mit dem Argument entgegen, die Telefonüberlassung geschehe normalerweise nur, um die normalen Telefongespräche z. B. mit Eltern oder Freunden zu führen und nicht, um das Handy für kostenpflichtige Abo-Dienste zu "missbrauchen". Es gelte ein umfassender Minderjährigenschutz, der die Eltern z. B. auch nicht verpflichte, Schutzvorkehrungen in alle Richtungen dafür zu treffen, dass ihre Kinder auf jeden Fall nur das tun, was die Eltern ihnen gesagt haben. Niemand kann Jugendliche dauerhaft überwachen, um bloß einen finanziellen Vertragsschaden für Dritte zu verhindern. Der Klingelton-Anbieter musste das Geld zurückzahlen und der Rechtsfrieden war wiederhergestellt.



doktorjoerg
03.07.2019, 09:37

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

+2Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Hallo, Dirk!

Ja, grundsätzlich gebe ich Dir recht. Wie man förmlich dazu gedrängt wird, Geld auszugeben, ist wirklich nicht schön.
Leider ist das heutzutage aber Alltag. Ich bin selbst in der Branche tätig und übersetze reihenweise Games aus dem Englischen ins Deutsche, daher bekomme ich alleine beim Lesen der Texte schon oft einen sehr genauen Eindruck davon, welche Mechanismen angewandt werden, um Spieler zu Käufern zu machen.
Mir gefallen Spiele, in denen das geschieht auch nicht, und ich spiele sie daher nicht.

Aber ... insgesamt ist das leider die Richtung, in die sich die ganze Branche entwickelt, und zwar aus gutem Grund:
Früher (damals in den goldenen C64-Zeiten) konnte eine einzelne Person in relativ kurzer Zeit (sagen wir mal 1 bis 2 Jahre) ein komplettes Spiel im Alleingang entwickeln (Grafik, Musik, Programmierung). Um heute das Interesse der Spieler wecken zu können, muss da allerdings im Regelfall schon ein ganzes Team her. Es ist absolut nicht ungewöhnlich, wenn mehrere hundert Personen 5 Jahre lang an einem Spiel arbeiten, bis es zur Marktreife gekommen ist. Das kostet natürlich, und diese Kosten müssen irgendwie wieder reinkommen.
Die Spieler hingegen sind mittlerweile sehr verwöhnt und können zahlreiche Spiele gar kostenlos online oder als App spielen. Dass ein Spieler einen Kaufpreis von 50 oder 60 Euro bezahlt, kommt leider nicht mehr allzu häufig vor. Zumindest nicht mehr in dem Maße, wie es vor Jahren noch der Fall war, als es noch keine Überfülle an Games gab.
Die Branche hat also sehr zu kämpfen, um sich gegen kostenlose und sehr günstige Spiele im Euro-Bereich durchzusetzen. Gleichzeitig sind immer mehr Mitarbeiter nötig, um ein Spiel zu produzieren.

Daher sind irgendwelche "schlauen Köpfe" auf die Idee der "In-game-Monetarisierung" gekommen. Das Schlimme ist: sie funktioniert. Und zwar nicht schlecht. Die Unternehmen nehmen mittlerweile mehr Geld auf diesem Wege ein, als durch direkte Verkäufe von Games. Dass die Chefetagen von Firmen daher diesen Weg wählen ist aus wirtschaftlicher Sicht verständlich.

Schwierig wird es natürlich, wie von Voxel angesprochen, wenn Kinder auf diesem Wege Geld ausgeben. Die Kinder geraten leider sehr schnell in solchen Spielen unter Druck, irgendwelche In-game-Käufe zu tätigen, um mit anderen mithalten zu können. Das kann man nicht mal mehr als unschön bezeichnen, da müssten in der Tat Schutzmechanismen besser greifen. Diese gibt es nämlich bereits. Gerade auf Smartphones und bei Konsolen sind Altersgrenzen vorgegeben, damit da nicht zu viel ausgenutzt wird. Leider wird es damit auf die Eltern abgewälzt, hier aufzupassen und zu maßregeln. Was (aus eigener Erfahrung) allerdings sehr schwierig ist, denn der Gruppendruck auf die Kinder ist schon erheblich.

Ich würde sagen, es bleibt zu hoffen, dass dieses ganze neue System irgendwann unter neuen gesetzlichen Regelungen zusammenbricht, sodass in der Spielebranche wieder ein Umbruch stattfindet. Daran glauben mag ich jedoch nicht, wenn man bedenkt welche Umsätze die Branche mittlerweile generiert. Da ist sicherlich in der Politik eine gewaltige Lobby vorhanden. Immerhin haben einige Länder die so genannten "Loot-Boxen" schon als Glücksspiel eingestuft und verboten. Das ist meiner Meinung nach schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Jedenfalls, und damit möchte ich wieder zum Anfang zurückkommen, dürfte der Entwicklungsaufwand von "Lego Tower" in einem Bereich von sicherlich 10 bis 20 Millionen Euro gelegen haben. Und das Geld soll ja schließlich auch wieder reinkommen. Immerhin kann man das Spiel kostenlos installieren. Wenn man die Entwicklungsausgaben realistisch wieder rein bekommen wollte (ohne In-App-Käufe zu nutzen), hätte das Spiel in App-Store sicherlich um die 10 Euro gekostet, wenn nicht sogar mehr. Wer hätte die wohl bezahlt?

Man kann die ganze Situation von vielen Seiten betrachten. Dies hier ist nur eine davon ...

Viele Grüße
Jörg



doe , Thomas52xxx gefällt das


Lok24
03.07.2019, 09:46

Als Antwort auf den Beitrag von doktorjoerg

Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Hallo,

doktorjoerg hat geschrieben:

Ich würde sagen, es bleibt zu hoffen, dass dieses ganze neue System irgendwann unter neuen gesetzlichen Regelungen zusammenbricht, sodass in der Spielebranche wieder ein Umbruch stattfindet. Daran glauben mag ich jedoch nicht, wenn man bedenkt welche Umsätze die Branche mittlerweile generiert. Da ist sicherlich in der Politik eine gewaltige Lobby vorhanden.

Google findet dazu das hier:
"50 Mio. für Games: Regierung gibt deutschen Spieleentwicklern Geld"



GELÖSCHT

Dieser Beitrag wurde gelöscht.


Steinemann
03.07.2019, 14:09

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Tja, aber auch TLC ist in erster Linie eine Firma die Geld verdiehnen will und muss,
genau so wie jede andere Firma. Diese Geschäftsmodell ist heute gang und gäbe und funktioniert
hervorragend. Am ende entscheidet der Konsument ob er konsumiert und zahlt.
Ein ganz normaler Vorgang, oder rennst du (nicht du persönlich Dirk)
auch bei jeder Schaufensterwerbung gleich ins Geschäft und kaufst ?
Steinemann



Mylenium
03.07.2019, 15:54

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

+1Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Dirk1313 hat geschrieben:

Aber bei einem renomierten Anbieter von Kinderspielzeug und Kinderspielen hätte ich zumindest einen zurückhaltenderen Umgang mit solchen Features erwartet.


Hmm, naja, aber LEGO versteht sich ja generell mittlerweile mehr als allumfassende Marke. Soll heißen die konkreten Produkte verlieren an Bedeutung, solange nur das richtige Logo drauf ist. Da fallen dann auch schnell alle Schranken, es kreuz und quer zu lizenzieren und damit sind wir ja, glaube ich, auch beim Punkt - bei dem Game hängen zu viele drin, die Geld verdienen wollen. LEGO entwickelt es nicht selbst, die diversen App Stores wollen ihren Anteil usw.. Dass es der Reputation von LEGO eher schadet steht außer Zweifel, aber wenn man sich in der Gaming-Welt umschaut, was Ubisoft, EA und wie sie alle heißen, machen, dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass da mittlerweiel alle moralischen Bedenken über Bord geworfen wurden. Es spielt also keine Rolle mehr und ich persönlich würd's auch so interpretieren, dass letzten Endes alles Wachstum, was LEGO immer in seinen schöngerechneten Bilanzen verkündet, aus diesen Bereichen kommt, nicht aus dem Kerngeschäft mit den Steinchen. Insofern landen wir wieder bei dem alten Ding, dass es unter der Haube LEGO vielleicht doch nicht so blendend geht, wie sie immer tun und demzufolge jede Einnahmequelle mitgenommen wird, die sich bietet...

Mylenium


https://myleniumsbrickcorner.wordpress.com


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Mylenium
03.07.2019, 15:59

Als Antwort auf den Beitrag von doktorjoerg

Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

doktorjoerg hat geschrieben:

Jedenfalls, und damit möchte ich wieder zum Anfang zurückkommen, dürfte der Entwicklungsaufwand von "Lego Tower" in einem Bereich von sicherlich 10 bis 20 Millionen Euro gelegen haben.


Halt ich viel zu hoch gegriffen. Eher 3 bis 5 Mio., wenn überhaupt. Die entsprechenden Templates gibt's mittlerweile für fast alle Spiele-APIs und man muss sie nur noch mit Inhalten füllen, anpassen und optimieren. Genau deswegen sind ja selbst kaum bekannte Mobile Games hochprofitabel, weil man sie quasi am Küchentisch zusammenrühren kann und es außer den diversen Lizenzgebühren bei kommerzieller Verwendung der entsprechenden Codebestandteile nur geringe sonstige Kosten anfallen.

Mylenium


https://myleniumsbrickcorner.wordpress.com


Rico
03.07.2019, 23:42

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

+3Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Dirk1313 hat geschrieben:

Nun ist mir klar das sowas quasi normal ist in der Welt der Handy-Games. Aber bei einem renomierten Anbieter von Kinderspielzeug und Kinderspielen hätte ich zumindest einen zurückhaltenderen Umgang mit solchen Features erwartet.

Was meint ihr dazu?

Die App ist nicht von Lego, sie ist von NibbleBit LLC. Sämtliche Apps dieser Firma funktionieren nach diesem Schema. Ich habe die App installiert und ihr eine Bewertung mit 1 Stern gegeben. Das solltet ihr auch tun.
Generell sollte Lego hier vorsichtiger mit der Vergabe von Lizenzen sein, denn NimbleBit hat offensichtlich von Lego die Erlaubnis bekommen eine entsprechende App entwickeln und vertreiben zu dürfen.

Bitte sprich doch mal im Ambassadornetzwerk dieses Thema an:
Warum vergibt Lego Lizenzen an ein Unternehmen, das bekanntermaßen über in-App-Käufe die Umsätze generiert? Die bislang direkt von Lego vertriebenen Apps kommen ohne in-App-Käufe aus und können problemlos an Kinder weitergegeben werden. Diese App tanzt völlig aus dem Rahmen und ruiniert den guten Ruf. Weshalb tut das Unternehmen sich das an?

Ciao

Enrico



Carrera124 , Thomas52xxx , Lok24 gefällt das


Thomas52xxx
04.07.2019, 07:25

Als Antwort auf den Beitrag von Rico

+1Re: LEGO Tower - Nettes Game oder Geldmaschine?

Rico hat geschrieben:

Die App ist nicht von Lego, sie ist von NibbleBit LLC. Sämtliche Apps dieser Firma funktionieren nach diesem Schema. Ich habe die App installiert und ihr eine Bewertung mit 1 Stern gegeben. Das solltet ihr auch tun.
Generell sollte Lego hier vorsichtiger mit der Vergabe von Lizenzen sein, denn NimbleBit hat offensichtlich von Lego die Erlaubnis bekommen eine entsprechende App entwickeln und vertreiben zu dürfen.

Ich finde es nicht so problematisch, dass die Lizenz an ein Unternehmen mit solchem Geschäftsmodell vergeben wird. Sondern, dass bei der Lizenzvergabe augenscheinlich versäumt wurde, die Art und Weise wie in-app-Käufe getätigt wurden im Sinne des Rufs des Lizenzgebers zu tätigen.

Ein Kind von mir spielt aktuell bereits das zweite "kostenlose" Spiel mit in-app-Käufen. Als Erziehungsberechtigter achte ich darauf, dass nicht mehr als 15€/Quartal ausgegeben werden. Das finde ich angemessen, früher hat ein Kaufspiel auch 50€ gekostet. Dennoch gibt es immer wieder Diskussionen ob ich zu streng wäre. "Das ist doch mein Geld" usw. Die ständigen "Sonderaktionen" üben doch einen gewaltigen Druck aus.

Sehr erzürnt war ich bei einem PC-Spiel. Sohn braucht zum ersten mal einen Kauf. Sollte mit Paypal bezahlen. Beim Lesen des "Kleingedruckten" stellte ich fest, dass ich keine einmalige Zahlung veranlasst hätte, sondern das Spielerkonto dauerhaft mit dem meinem Paypal-Konto verbunden hätte und beliebige weitere Zahlungen möglich gewesen wären. Also unter Protest zur Tanke gefahren und erst mal eine Paysafe-Karte gekauft.


Gruß
Thomas

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