Rollingbricks
26.05.2006, 15:44

Mazda RX-7 - das erfolgreichste Wankelfahrzeug auf der Straße und der Rennstrecke Teil 2

Mazda RX-7 - das erfolgreichste Wankelfahrzeug auf der Straße und der Rennstrecke

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Teil 2:

Wie kam es überhaupt zu dem Hype um den Wankelmotor Ende der 60er Jahre, als nahezu alle
großen Hersteller Wankellizenzen erwarben oder zumindest ernsthaft darüber nachdachten?

Die amerikanische Regierung hatte zu dieser Zeit vor, die strenge kalifornischen
Abgasgesetzgebung bundesweit einzuführen. Ab 1976 sollten die Autos nur noch ein zehntel
der bisherigen Grenzwerte erfüllen! Technisch wusste niemand wie das umzusetzen war.
Henry Ford II. drohte sogar damit die Autoproduktion ganz einzustellen, wenn dies Gesetz
würde! Der ganz andere Verbrennungsvorgang im Wankelmotor ermöglichte es Mazda den hohen
Ausstoß an HC durch einen termischen Reaktor mit zusätzlicher Luftzuführung bei hoher Hitze
- die nur der Wankelmotor liefert - nachzuverbrennen. Der geringe Stickstoffausstoß ist
typisch für den Wankel. Gerade die Stickstoffemissionen lassen sich beim Kolbenmotor nicht
so ohne weiteres reduzieren.
Madza hat der US Behörde EPA entsprechende Modelle für Tests zur Verfügung gestellt und
die EPA darin bestätigt, dass die neuen Grenzwerte machbar sind. Die Autohersteller sind
Sturm gelaufen gegen dieses Gesetz und haben sich in dieser Zeit tatsächlich ernsthaft
Gedanken gemacht, auf den Wankel zu satteln. Selbst der größte Autohersteller der Welt
- General Motors - wollte zukünftig nur noch Wankelfahrzeuge produzieren. In geradezu
diletantischer Art hat man sich ganz alleine an die Entwicklung gemacht, ohne auf die
Erfahrungen der anderen Hersteller zurückzugreifen und scheiterte. Dennoch war die Tatsache,
dass sich GM mit dem Wankel beschäftigt, der Startschuss für Wankelaktivitäten weltweit.
Selbst Ford wollte sich an Mazda beteiligen, um an Wankel-Know-How zu gelangen! Aber Mazda
war dreist genug einen Anteil an allem außer dem Wankelpart feil zu bieten! Ford kommentierte
dies mit "Wir wollen nicht Nichts von Allem!". Das zeigt das selbst Henry Ford, der den
Wankel nicht mochte, es sich nicht leisten konnte, ihn zu ignorieren. Viel später stieg
Ford dann doch bei Mazda ein und übernahm sogar die Unternehmensführung. Der Wankelmotor
überlebte sogar dies!
Dennoch wurden die Grenzwerte auf Druck der Lobby bei ihrer Einführung 1976 aufgeweicht.
Tatsächlich gab es 1976 nur zwei Modelle die die ehemals strengeren Werte eingehalten hätten:
Ein Mazda mit Wankel und ein Mercedes mit Turbodiesel!
Anfang der 80er Jahre stand dann der 3-Wege-Katalysator zur Verfügung, der es auch der
Kolbenfraktion ermöglichte alle Grenzwerte problemlos einzuhalten. Auch die vielversprechende
und verbrauchsarem Dieseltechnik hat zum Aussterben des Kreiskolbenmotors beigetragen.
Und nicht zu letzt war es auch die Ölkrise 1974, die dem durstigen Wankel die Zukunft stahl.

So war die Entscheidung gegen den Wankelmotor bei vielen Autoherstellern auch eine
betriebsökonische Entscheidung. Denn auf den Fertigungsstraßen für Kolbenmotoren lassen
sich keine Wankelmotoren fertigen. Zur Herstellung des Trochoidengehäuses
(mathematisch ist das eingeschnürte Oval eine Epitrochoide) braucht man spezielle
Fräsmaschinen. Es hätte Million oder vielleicht sogar Milliarden an Investitionen gekostet.
Die Vorteile des Kreiskolbenmotors liegen in seiner Geräuscharmut, die von den meisten Kunden
aber nicht so hoch geschätzt wird wie ein geringer Verbrauch. Investitionen in neue Technologien
müssen also schon einen deutlichen Mehrwert bringen. Die amerikanische Abgasgesetzgebung war
beinahe so ein Auslöser.

Mazda hatte die Fräsmaschinen selbst entwickelt und die Investitionen in die
Fertigungsstraßen bereits getätigt. Außerdem war die "Rotary Engine" im ganzen Unternehmen
akzeptiert, sowohl im Management als auch in der Entwicklungsabteilung. Diesen Punkt
darf man nicht unterschätzen. Die persönlichen Meinungen von Entscheidungsträgern
und die Machtgefüge im Unternehmen sind wesentlich entscheidender für die Einführung oder
Ablehnung neuer Technologien, als betriebsökonomische Abwägungen!
So war mit dem Ausscheiden des Chefmotorenentwicklers Bensinger bei Mercedes-Benz auch das
Ende der Wankelforschung bei Mercedes besiegelt. Die östereichische Triade
aus Pieech, Fiala und Hofbauer bei VW/Audi waren keine Wankelfreunde, so wundert es nicht,
dass der NSU Ro80 verschwand und mit ihm die Marke NSU. Ohne den Zukauf von NSU und den
brillianten Ingenieuren von NSU würde es VW wahrscheinlich heute gar nicht mehr geben.
Denn Golf, Passat, Polo basieren auf dem Wissen der NSU-Ingenieure. Statt eines 16 Zylinder
(im Bugatti Veyron) reicht auch ein Vierscheibenmotor um gleiche Leistung und mehr Laufruhe
zu erzielen! Dabei würde ein Vierscheibenläufer weit weniger verbrauchen. Leider ist diese
Chance auf wirklichen "Vorsprung durch Technik" im VW-Konzern verpasst worden.

Hat der Wankelmotor eine Zukunft?
Inzwischen hat Mazda nahezu 2 Millionen Wankelfahrzeuge gebaut.
Vielleicht bringt Mazda doch noch einmal einen RX-7? Bisher sieht es nicht so aus.
Der Verbrennungsmotor auf Erdöl-Basis ist ganz einfach zum Aussterben verurteilt.
Vielleicht sehen wir den Wankel noch mal bei einer aufkeimenden Wasserstoffwirtschaft.
Denn für die Verbrennung von Wasserstoff ist er fast eine Idealbesetzung, solange die
Brennstoffzelle nicht kompakter wird. Auch als Hybridantrieb mit Elektromotor stellt er
eine ideale Ergänzung dar. Und auch der gerade vorgestellte Renesis 13B-DI in einem Prototypen
mit Direkteinspritzung und Schichtladung ist vielversprechend.

Wer jetzt mehr über den Wankelmotor wissen will, sollte mal www.der-wankelmotor.de besuchen.
Dort lernt man z.B. den Unterschied zwischen Drehkolbenmotor und Kreiskolbenmotor und wo überall
auch heute noch Wankelmotoren eingesetzt werden. So ist heute in jedem Audi/VW ein Wankel als
Gurtstraffer eingebaut, der durch eine explosive Ladung bei einem Aufprall gestartet wird.

Folgende noch erhältliche Bücher kann ich zum Thema empfehlen:
Andreas Knie - Wankel-Mut in der Autoindustrie
In vielen Interviews mit beteiligten Zeugen zeigt Knie gerade die Bedeutung der Machtgefüge
in den Unternehmen. Viele sehr spannende Anekdoten kann er preisgeben. Nach dem Lesen
zweifelt man an der Innovationsfreude heutiger Industrieunternehmen. Sehr empfehlenswert,
auch wenn man sich nicht für den Wankel interessiert.
ISBN 3-89404-145-5, edition sigma, Berlin 1994

John B. Hege - The rotary engine - a history
leider nur in englisch erhältlich fasst Hege aus vielen Quellen in erfrischendem englisch
geschrieben die ganze Geschichte des Wankels zusammen. Dabei geht es hier mehr um die
technischen Aspekte.
ISBN 0-7864-1177-5. McFarland & Company, Inc., Publishers, Jefferson NC & London 2001

Leider sind eine ganze Reihe weierer sehr spannender Bücher inzwischen nicht mehr erhältlich.

Dirk