Hallo und guten Abend (eher gute Nacht mit Blick auf die Uhr),
ich durchforste seit einigen Tagen das Internet nach einigen Informationen. Eventuell können mir ja hier einige Experten weiterhelfen.
Zur Vorgeschichte: ich bin durch meinen Sohn wieder auf meine alte Kinderleidenschaft Lego gestoßen. Wir bauen beide mit großer Begeisterung, auch wenn er erst 4 Jahre ist und man bei seinen MOCs gewisse Abstriche machen muß. Trotzdem: es macht Spaß. Und es kostet. Und das ist der Punkt. Ich weiß mittlerweile, daß sich alte Sets in ungeöffneter Verpackung sehr, sehr gut bei eBay verkaufen lassen und sehe es eher als Investment mit beachtlicher Rendite denn als gewerblichen Handel. Allerdings bin ich mir der rechtlichen Grauzone durchaus bewußt und würde es, wenn ich es denn mache, gerne korrekt angehen.
Also wenn, dann mit Gewerbeanmeldung und gewerblichen Account und dem ganzen Drumherum. Dazu ein paar Fragen an die Mitglieder hier, die das ebenfalls so handhaben:
- welche Unternehmensform bietet sich an? Ich würde natürlich eine persönliche Haftung, wenn es irgendwie geht, ausschließen wollen, aber andererseits den Aufwand gering halten, da die Umsätze nicht hco sein werden. Beides geht nicht, ist mir mittlerweile klar. Also konkret: was kann einem Online-Händler bei eBay an persönlicher Haftung drohen? Eine mögliche Abmahnung sehe ich nicht als existenzbedrohend an, eher schon, wenn sich ein Kind beim Öffnen der von mir verkauften Sets die Pulsadern am scharfkantigen Karton aufschlitzt... ok, unrealistisch, aber ihr versteht mich?!
- wie sieht es mit Widerrufen aus? Leider habe ich diesbzgl. nicht wirklich viel bisher in Erfahrung bringen können. Beispiel: ich verkaufe ein SOH in 5 Jahren, neu und ungeöffnet für 750€ und bekomme den Karton entsiegelt (und im allerschlimmsten Fall mit geöffneten Tüten) nach 10 Tagen wieder zurück. Ist der Karton bei einem solchen Set nicht mehr als nur eine Umverpackung? Der Widerruf dürfte unanfechtbar sein, aber wie sieht es mit einer Wertminderung aus (die dann zweifelsfrei stattfand)? Dieser Punkt bereitet mir bisher die größten Kopfzerbrechen.
- wie sieht es mit Versicherungen aus? Sind diese nötig und wenn ja, welche sind wirklich empfehlenswert?
- Was ist an Umsätzen und Gewinn realistisch? Ich sehe, daß ich einige meiner ungeöffneten Sets, die sich hier stapeln, aktuell mit 80-100%iger Rendite bei eBay losschlagen könnte. Der reine Gewinn dürfte sich nach Abzug von Gebühren, Porto, Verpackung und (fiktiven) Lagerraum durchschnittlich bei ca. 65% einpendeln. Aus 100 investierten Euros mache ich also effektiv 165€. Berücksichtige ich diverse gewerbliche Abgaben und vor allen Dingen die negative Umsatzsteuerbilanz durch den deutlich höheren Wiederverkaufspreis, bleiben bei gleichen Zahlen ca. 52% Rendite vor Einkommenssteuern. Um die Umsatzsteuer komme ich auf Grund meiner hauptberuflichen Tätigkeit nicht herum, da beides zusammengerechnet wird und ich damit die Grenze zum Kleingewerbe sprenge. Soweit realistisch oder habe ich irgendwas vergessen? Ist nicht unwichtig zu wissen, da sich daraus sowas wie ein angestrebter monatlicher Umsatz von 2000€ ergibt, wenn ich im ersten Jahr ca. 500€ monatlich Gewinn erwirtschaften möchte.
Es gibt Momente, da denke ich: lohnt sich nicht. Dann aber: warum nicht, mehr Rendite gibt's nicht für's Geld bei absoluter Sicherheit!? Denn aktuell mit Legos Minus zu erwirtschaften, dürfte kaum möglich sein. Oder sehe ich alles falsch?
Liebe Grüße,
rockstar
Wow. Dieses Thema in der ein oder anderen Form gab es hier im Forum schön öfter, du bist aber mit Abstand derjenige, der sich im Vorfeld am meisten Gedanken dazu gemacht hat bzw. diese Gedanken hier in aller Ausführlichkeit schriftlich festhält im Gegensatz zu 1-Satz-Posts wie "Ich will gewerblich Lego verkaufen, was muss ich beachten?" Respekt!
Einige Fragen kann ich dir ansatzweise beantworten - hauptsächlich dadurch, dass ein guter Bekannter einen Store auf BrickLink führt und er mir schon häufig aus seiner Praxis berichtet hat.
Schaut man sich die Impressen bei BrickLink an, so stellt man fest, dass die meisten Händler als Einzelunternehmer firmieren. Das ist bürokratisch "einfach" (bis 50000 € Gewinn keine Bilanzierung notwenig) und günstig (bis zu einer gewissen Größe braucht man für die Buchhaltung keinen Steuerberater, wenn man die Grundzüge drauf hat). Einige der größeren Shops firmieren als UG oder GmbH, sei es weil sie mehr als einen Eigentümer haben oder weil sie mit mehreren Mitarbeitern wirklich "zu groß" sind; es gibt aber auch ganz große, die wiederum Einzelunternehmer sind.
Zum Thema Widerrufe: Bei "Spezialmarktplätzen" wie BrickLink weiß jede(r), was er/sie kauft und bestellt auch wirklich das, was er/sie haben möchte. Daher sind bei meinem Bekannten Widerrufe gleich null. Er verkauft aber eben auch fast ausschließlich Einzelteile an AFoLs, keine Sets. Wenn mal Ware bei ebay angeboten wird, gibt es da schon eine geringe Problemquote: Rücksendungen von geöffneten Sets oder Eröffnung von PayPal-Fällen, um den Preis der Ware im Nachhinein zu drücken sind da so zwei Beispiele.
Du kannst die Häufigkeit von Widerrufen natürlich minimieren, indem du ausschließlich ins Ausland verkaufst. Bei hochpreisigen Sets fallen da die etwas höheren Versandkosten kaum ins Gewicht. Ja, es werden jetzt einige Mitleser argumentieren, dass auch EU-Kunden ein Widerrufsrecht haben, das stimmt natürlich, aber die dürften aufgrund der höheren Rücksendekosten vor der Anwendung ihres Rechts zurückschrecken. Besonders dann, wenn du einwandfreie Ware geliefert hast.
Das größte finanzielle Risiko wäre meiner Meinung nach, wenn entweder a) Diebe dir dein Lager ausräumen sollten* oder wenn b) das Unternehmen Lego durch einen gravierenden Skandal in Verruf geraten sollte, niemand mehr die Spielzeuge dieser Firma kaufen möchte und man als Händler auf einem großen Berg unverkäuflicher Ware sitzt. Beide Szenarien sind insbesondere dann ein Problem, wenn die Ware im eigenen Lager kreditfinanziert ist.
*Mindestens zwei Fälle wurden in den letzten 12 Monaten hier im Forum berichtet - einmal handelte es sich um ein Ladengeschäft, einmal einen Lagerraum in einem Hinterhof. Bei beiden wurde zwei Mal kurz hintereinander eingebrochen... Es dürfte schon helfen, das Gewerbe an einer anderen Adresse anzumelden als dort, wo die Ware lagert. Und niemandem vom Lager zu erzählen, der nicht unbedingt davon wissen muss.
Was an Umsätzen und Gewinnen realistisch ist, kann man pauschal nicht beurteilen. Das hängt ganz stark von der Auswahl und Wertentwicklung deines Warenbestandes und deinem unternehmerischen Geschick ab. Bedenke aber, dass sich in den vergangenen Jahren viele Leute ähnliche Gedanken gemacht haben und größere Sets als Wertanlage im Keller eingelagert haben. Wenn all diese VW-Busse und Todessterne gleichzeitig auf den Markt kämen, dann wären die "Renditen" vermutlich sehr gering.
Es dürfte deine Rendite aber um einiges schmälern, dass du viele Sets bereits gekauft hast, bevor du dein Gewerbe angemeldet hast. So wird es schwierig, deine Ausgaben gewinnmindernd geltend zu machen. Ob man überhaupt und wenn ja mit welchem Wert die Überführung von privatem Warenbestand in das Unternehmen absetzen kann, kann ich dir nicht beantworten. Die in der Vergangenheit beim Kauf gezahlte Umsatzsteuer kannst du jedenfalls nicht mehr als Vorsteuer geltend machen.
Viele Grüße
Doras
Die Teile können nichts dafür, dass sie so komisch zusammengebaut sind.