n3t3rb
05.03.2015, 12:53

+2Schwindeln lernen mit Lego

Schwindeln lernen mit Lego

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Quelle: http://blog.bazonline.ch/...italismus-versus-kind/

Dass Kinder Dinge verlieren, ist normal. Es ist sogar wichtig. Kinder müssen lernen, auch mit Verlust umzugehen. Wenn die Lieblingskuscheldecke weg ist, kann ich zwar eine neue stricken, aber es ist eben nicht dieselbe. Noch viel drastischer ist es natürlich, wenn ein Tier oder ein Mensch stirbt. Damit irgendwie umgehen zu lernen, gehört zum Schwersten im Leben, doch es gehört dazu. Aber gnädigerweise gibt es auch Dinge, die man verliert und dann ersetzt, weil es kein Problem ist, das zu tun.

Nun gibt es aber noch eine dritte Kategorie von Dingen: Solche, die man zwar ganz einfach ersetzen könnte, es aber eben doch nicht kann, weils ums Prinzip geht. Und zwar nicht etwa um ein moralisches, sondern um ein kapitalistisches.

Aber eins nach dem anderen. Seit mein Sohn halbwegs gerade denken kann, spielt er mit Lego. Er hat so viele davon geerbt, sie sich für Unsummen auf den Geburtstag und zu Weihnachten gewünscht und mit dem eigenen Taschengeld gekauft, dass sein Zimmer längst ein Legoparadies ist. Und obwohl er mittlerweile zwölf ist, bleibt er Lego treu. Ich finde das wunderbar, denn es gehört zweifelsohne zum Besten, was die Spielzeugindustrie bislang hervorgebracht hat.

Inzwischen wünscht er sich vor allem die Spezialeditionen, die kniffliger sind und die er auf den paar wenigen noch freien Flecken in seinem Zimmer aufstellt. Nun ist ihm bei einem dieser Dinger das zugehörige Männchen abhandengekommen. Er war völlig aufgelöst, aber ich habe ihn getröstet. Wir hatten ja gerade in einer Reportage gesehen, dass die Männchen zu Millionen hergestellt werden und ihr Materialwert vernachlässigbar ist. Doch Materialwert hin oder her, zuerst haben wir nochmals fieberhaft nach dem Legomann gesucht. Erfolglos. Ich blieb gelassen, denn ich habe über einen Kenner erfahren, dass Lego fehlende Teile eines Sets kostenlos ersetzt.

Gut, dachte ich mir, dann verfügen die offenbar über eine Reserve von Einzelteilen und wir können das Männchen nachkaufen. Das war äusserst naiv. Als ich nämlich beim Kundendienst anrief, sagte man mir, das Männchen könne nicht ersetzt werden, da wir es verloren hätten und die strengen Lizenzverträge dies verböten. (Es handelt sich um eine Figur aus einem Hollywoodfilm).

Kurz, die Dinger sollen möglichst selten bleiben, damit Sammler sie dann teuer weiterverkaufen können. Das hat mir die Mitarbeiterin natürlich so nicht gesagt, aber das war auch nicht nötig. Tatsächlich kann man das Männchen für über 50 Euro auf dem Graumarkt kaufen.

Also versuchte ich ihr klarzumachen, dass es hier ja nicht um einen Sammler gehe, sondern um ein ganz normales Kind, das ganz normal Legos zum Geburtstag bekommen hat und ganz normal ein Teilchen verloren hat und es ganz normal von seinem Taschengeld nachkaufen möchte. «Jaja, das verstehen wir und es tut uns sehr leid, aber wir können nichts tun.» Der internationale Kundendienstsatz halt.

Als ich sie darauf hinwies, dass sie mir das Teilchen aber schicken würde, wenn ich behauptete es sei nicht in der Packung gewesen, meinte sie lakonisch: «Das stimmt. Aber wir wollen ja ehrlich sein.» Richtig. Das wollen wir. Und vor allem sollte auch Lego das wollen, schliesslich ist der Laden für Millionen von Kindern eine vorbildliche Marke.

Ich habe es also nochmals versucht und ihr erklärt, dass ich ja genau das wolle: ehrlich sein. Aber mit seiner Politik, Teilchen, über die es sehr wohl verfüge, nur dann rauszurücken, wenn ich behaupte, es fehle in der Packung, verhindere Lego genau das: meine Ehrlichkeit. Hart ausgedrückt: Man kommt nur ans Ziel, wenn man lügt. Nicht gerade das, was ich meinem Sohn beibringen will.

Genützt hat es natürlich nichts und das ärgert mich. Ich finde es höchst bedenklich, wenn der Schutz von Sammlern und die Optimierung von Gewinn wichtiger sind, als einem Kind entgegenzukommen und mal ein Auge zuzudrücken. So im Sinne einer langfristigen Kundenbindung, um es in Marketingsprache zu sagen. Denn darum geht es hier, um den Markt. Und so lernt mein Sohn in diesem Fall nicht nur mit einem Verlust umzugehen, sondern gleich noch mit der Unbarmherzigkeit des kompromisslosen Kapitalismus. Schade, Lego.

Wie sehen Sie das, liebe Leserinnen und Leser? Haben Sie schon Ähnliches erlebt? Wie erklären Sie Ihren Kindern solche Mechanismen?


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MoRaSt by n3t3rb©, auf Flickr


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Kerntechniker
05.03.2015, 13:19

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

+1Re: Schwindeln lernen mit Lego

Hallo,

ich kann solche Erfahrungen nicht bestätigen. Bisher ist es bei mir zweimal vorgekommen, dass Teile fehlten. Dies habe ich dem Kundenservice gemeldet und habe ohne wenn und aber die fehlenden Teile kostenlos zugeschickt bekommen.

Natürlich ist es hart wenn man mit seinem Anliegen nicht durchkommt und mir tut es für Deinen Sohn auch sehr, sehr leid, aber der Kundendienstmitarbeiter hat vermutlich diese oder ähnliche Geschichten schon häufiger gehört und wenn LEGO die klare Anweisung ausgegeben hat, dass das so gehandhabt wird, dann ist das Firmenpolitik auch wenn es sehr bedauerlich ist und es zuweilen zu harten Einzelfällen führt.

Für den Kundendienstmitarbeiter ist es vermutlich vollkommen unmöglich zu unterscheiden ob Deine Geschichte stimmt oder nicht. Ich persönlich glaube Dir!

Ganz ähnlich verhält es sich mit den Nachrichten die man erhält wenn man LEGO zum Verkauf anbietet und sich dann Menschen melden, die dieses oder jenes gerne geschenkt oder sehr billig haben wollen, weil ihr krankes Kind nur mit LEGO spielt und sich dieses Set schon immer gewünscht. Sowas kann stimmen muss aber nicht, hier eine Entscheidung zu treffen ist für niemanden einfach.


"Jeder Tag ohne Steine zusammen zu bauen, ist ein verlorener Tag!"


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Micha2
05.03.2015, 13:34

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Ich kann Dich verstehen, aber das "Problem" ist folgendes:
Die Lizenzverträge zumindest zum Thema Star Wars erlauben es Lego nicht, einzelne SW-Figuren herzustellen und zu verkaufen. Als Schlüsselanhänger oder Magnetfigur schon, aber nicht als einzelne Figur.
Warum? Weil der Lizenzgeber auch Verträge mit anderen Lizenznehmern hat, die z.B. Actionfiguren herstellen und auf dem "Figurenmarkt" hinsichtlich Star Wars alleinig vertreten sein wollen/sollen.

Das ist auch der Grund, warum Lego stark figurenlastige Sets (z.B. die Star Wars Battle Packs) immer noch mit irgendeinem Fahrzeug, einer kleinen Kanone oder was auch immer verkauft. Damit es keine reinen Figurensets sind.

Zumindest bei Star Wars scheint diese Regelung sehr streng zu sein.

Bei mir hatte tatsächlich einmal ein bedrucktes Teil in einem SW-Set gefehlt. Dieses hat mir der Kundendienst zwar ersetzt, aber erst, nachdem ich am Telefon die 7-stellige Nummer der BA genannt habe - zum Zeichen, dass ich das Set als solches tatsächlich gekauft habe.

Natürlich könnte man sagen, die Mitarbeiter könnten doch einmal ein Auge zudrücken. Aber...
...wo ist die Grenze? Wann wird noch zugedrückt, wann nicht mehr?
...wer sagt, dass Du tatsächlich wegen Deinem Sohn anrufst?
...möglicherweise werden die Mitarbeiter bzw. der Serviceprozess auch dahin gehend überwacht, dass der Mitarbeiter gar keine Chance hat, ihn zu umgehen - selbst wenn er wollte? Vielleicht hast Du ihm auch die Chance dazu genommen, indem Du vorher einer Aufzeichnung des Gesprächs zugestimmt hast?

Gruß
Micha



Micha2
05.03.2015, 13:35

Als Antwort auf den Beitrag von Kerntechniker

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Bisher ist es bei mir zweimal vorgekommen, dass Teile fehlten. Dies habe ich dem Kundenservice gemeldet und habe ohne wenn und aber die fehlenden Teile kostenlos zugeschickt bekommen.


Es geht ja auch nicht um irgendwelche Teile, sondern um Figuren aus Lizenzsets.



Micha2
05.03.2015, 13:38

Als Antwort auf den Beitrag von Micha2

Re: Schwindeln lernen mit Lego

...wer sagt, dass Du tatsächlich wegen Deinem Sohn anrufst?


ein peinlicher Fauxpas...wegen Deines Sohnes natürlich



Dirk1313
05.03.2015, 17:33

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Hi,

Dein Frust ist ja verständlich, aber was sich mir nicht so ganz erschließt: warum ist jetzt der Spielwert durch den Verlust einer Minifigur signifikant beeinträchtigt? Gerade Kinder haben doch meist garkein Problem so eine Figur durch eine Andere im Spiel zu ersetzen. Meine Jungs bauen z.B. die Star Wars Figuren ständig auseinander und in allen möglichen Variationen wieder zusammen.

Kurz, die Dinger sollen möglichst selten bleiben, damit Sammler sie dann teuer weiterverkaufen können. Das hat mir die Mitarbeiterin natürlich so nicht gesagt, aber das war auch nicht nötig. Tatsächlich kann man das Männchen für über 50 Euro auf dem Graumarkt kaufen.


Wenn die Figur schon solch einen Sammlerwert hat, dann dürfte das Set ja schon etwas älter sein. Dann ist auch zweifelhaft, ob der Service diese Figur überhaupt noch vorrätig hätte. Probiers doch mal aus - lass Deine Frau beim Service anrufen und mitteilen, dass die Figur im Set gefehlt hat, als ihr es erworben habt. Wenigstens mal als Test.


Viele Grüße
Dirk - Mail

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grubaluk
05.03.2015, 17:46

Als Antwort auf den Beitrag von Dirk1313

+1Re: Schwindeln lernen mit Lego

... lass Deine Frau beim Service anrufen und mitteilen, dass die Figur im Set gefehlt hat, als ihr es erworben habt...


Hallo,
da könnte natürlich der kleine Sherlock Holmes (oder die kleine Miss Marple) am anderen Ende der Leitung erwachen und sich fragen, wie es die Figur geschafft hat, in einem neuen Set spurlos zu entkommen. Die Teile (Kopf, Oberkörper, Beine und Bedeckung) verteilen sich ja meist auf mehrere Tüten.

Ich persönlich würde versuchen, dieses Ereignis als eines der eingangs beschriebenen Gelegenheiten zu nutzen, in einem relativ harmlosen Fall mit Verlust im Leben umzugehen. So zu sagen: Trauer lernen mit Lego.

Gruß
Andreas



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riepichiep
05.03.2015, 17:59

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

+1Re: Schwindeln lernen mit Lego

Ich habe es also nochmals versucht und ihr erklärt, dass ich ja genau das wolle: ehrlich sein. Aber mit seiner Politik, Teilchen, über die es sehr wohl verfüge, nur dann rauszurücken, wenn ich behaupte, es fehle in der Packung, verhindere Lego genau das: meine Ehrlichkeit. Hart ausgedrückt: Man kommt nur ans Ziel, wenn man lügt. Nicht gerade das, was ich meinem Sohn beibringen will.


Nein - der Sohn lernt "Was weg ist, ist weg." Und wenn ich das ändern will, gibt es zwei Möglichkeiten - nachkaufen oder eben lügen.
Und nun müssen Eltern und Sohn entscheiden, was die wirkliche Lektion sein soll. Aber jetzt (indirekt) LEGO den Vorwurf zu machen, dass ein "verlorenes Teil" nun weg ist - naja, wie soll es das Kind sonst lernen?



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Thekla
05.03.2015, 20:14

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Hi ohne Namen,

letztlich würde ich, was ich auch getan habe, meinem Kind beibringen, dass man vor sich selbst ehrlich sein muss.

Auch wenn es manchmal dadurch schwierig wird, man Nachteile hat, zum Blödmann wird oder gegen den Strom schwimmt.

Dann ist das eben so.

Es gibt nicht ein bisschen schwanger. Sekt oder Selter und wenn etwas nicht richtig ist, muss man das sagen, wenn etwas nur mit Lügen funktioniert, muss man es lassen/verzichten.

Witzig, dass Du ein Bild mit Megablocks? postest, sind das Eure "Mengen an LEGO"?

Gruß
Thekla


Berliner Steinkultur


Turez
05.03.2015, 21:13

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Hallo!

Zu (fast) allen Postings über mir: Ist es denn so schwer zu erkennen, dass Text und Bild von Martin (so hat sich n3t3rb im November vorgestellt) nur aus einem Blog kopiert sind und Ihr dementsprechend der falschen Person antwortet? Die Quelle ist doch sogar angegeben.

Gruß
Jonas



riepichiep
05.03.2015, 21:37

Als Antwort auf den Beitrag von Turez

Re: Schwindeln lernen mit Lego

Zu (fast) allen Postings über mir: Ist es denn so schwer zu erkennen, dass Text und Bild von Martin (so hat sich n3t3rb im November vorgestellt) nur aus einem Blog kopiert sind und Ihr dementsprechend der falschen Person antwortet? Die Quelle ist doch sogar angegeben.


1.) nein
2.) ändert das an meiner Meinung nichts - deswegen habe ich sie sogar auch dort in dem Blog gepostet
3.) wer etwas postet, muss mit antworten rechnen. Zumal n3t3rb es ja unkommentiert gepostet hat und daher nicht klar ist, ob diese Gedanken seine Zustimmung finden



sylverdragon
05.03.2015, 21:52

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

+1Re: Schwindeln lernen mit Lego

Wie ist denn deine eigene Meinung zu dem Blog-Eintrag?

Ich finde, die besten Antworten stehen schon unter dem Originaleintrag.

Beschwert sich da einer, dass da ein Kundenservice nicht alles umsonst verschickt und verschenkt? Ähhh, dann möchte ich jetzt aber auch einen Vergleich zu einem Kundenservice haben, der das macht und der sollte seinen Standort nicht gerade in Utopia haben.

Der Blog-Eintrag könnte auch genauso gut lauten: "Wie bringe ich meinen Kind bei, zu betrügen?".



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Dirk1313
06.03.2015, 06:33

Als Antwort auf den Beitrag von Turez

+1Re: Schwindeln lernen mit Lego

Hallo!

Zu (fast) allen Postings über mir: Ist es denn so schwer zu erkennen, dass Text und Bild von Martin (so hat sich n3t3rb im November vorgestellt) nur aus einem Blog kopiert sind und Ihr dementsprechend der falschen Person antwortet? Die Quelle ist doch sogar angegeben.

Gruß
Jonas


Jonas,

die Quellenangabe ist ausschliesslich unter dem Bild, nicht unter dem Text. Der Text wurde in keinster Weise (z.B. durch Verwenden der Zitatfunktion und Quellenangabe) als Zitat kenntlich gemacht.

Somit ist davon auszugehen dass der Text die Meinung des Postenden repräsentiert.


Viele Grüße
Dirk - Mail

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riepichiep
06.03.2015, 06:33

Als Antwort auf den Beitrag von n3t3rb

+2Re: Schwindeln lernen mit Lego

In der Diskussion im Blog wird mittlerweile ja weitergedacht und interessant war folgendes:
- Wenn ich einen Schaden bei der Versicherung melde und ehrlich sage "Ich wars" statt "der verursacher ist unbekannt", kriege ich den Schaden nicht ersetzt. Zwingt mich die Versicherung zum Schwindeln?
- Wenn ich zu schnell fahre, erwischt werde und ehrlich sage "ich wars" statt "Auto war verliehen - weiß ich nicht", muss ich den Strafzettel bezahlen. Zwingt mich der Staat zum Schwindeln?

Genau das ist doch die Lektion fürs Kind: Ehrlich sein, auch wenn es einem Nachteile bringt. Denn wer nur ehrlich ist, wenn es ihm was nützt, ist kein ehrlicher Mensch, sondern ein Opportunist.



IngoAlthoefer , UncleTom gefällt das


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